Auf dem amerikanischen Kontinent ist der mexikanische Zementmischer Cemex Marktführer. Dabei profitierte das Unternehmen insbesondere von einem Regierungsprogramm, das in Mexiko vielen Bürgern das Bauen eines eigenen, kleinen Hauses finanzierte. Doch inzwischen ist Cemex auf dem gesamten amerikanischen Kontinent unterwegs.
Der Löwenanteil des Gewinns wird in Lateinamerika erzielt, 32% des Konzernumsatzes liefern so 58% des Gewinns. In den USA erzielt Cemex nur 20% seines Umsatzes und das auch nur mit sehr geringen Margen, denn das US-Geschäft steuert nur 5% des Konzerngewinns bei. Besserung erhofft sich das Unternehmen derzeit von den konjunkturunterstützenden Infrastrukturprojekten, doch dieser Hoffnungsschimmer bekam in der jüngsten Zeit Kratzer: Bis vor einer Woche fürchtete man, dass die Konjunkturprogramme vorzeitig beendet werden könnten, wenn die Wirtschaft von alleine angesprungen wäre. Das hätte dazu geführt, dass einige Infrastrukturprojekte gestrichen worden wären, Cemex hätte Geschäft verloren.
Doch die jüngsten Äußerungen von Bernancke zerstreuen meiner Ansicht nach diese Hoffnung (bzw. aus Cemex-Sicht: Befürchtung). Die Konjunktur der USA bleibt schwach, die Konjunkturprogramme sind weiterhin erforderlich, und ich erwarte daher nicht, dass dort nennenswerte Stornierungen zu erwarten sind. Das ist gut für Cemex.
Gleichzeitig drückt der US-Immobilienmarkt auf die Stimmung der Cemex-Aktionäre. Der US-Immobilienmarkt ist eingebrochen und wird sich, wenn Sie den Finanzmedien glauben, in den nächsten Jahren nicht erholen. Ich hingegen sehe das anders: Die Preise haben sich schon seit vielen Monaten stabilisiert, in den Krisenregionen Florida und Kalifornien sogar schon seit einem Jahr. Die Preise haben sich aus einem bestimmten Grund stabilisiert: Es wurde weniger gebaut.
Doch stabile Häuserpreise, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau als noch vor drei Jahren, sind ein Zeichen dafür, dass Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht kommen. Und die USA sind ein Einwanderungsland, die Bevölkerung wächst und braucht immer mehr Häuser. Es ist nun nur noch eine Frage der Zeit, bis entweder wieder mehr Häuser gebaut werden oder die Preise steigen.
Die nächste Meldung aus den USA bezüglich des Immobilienmarktes wird also eine positive sein. Ich weiß nicht, wann es so weit sein könnte, das kann gerne noch ein oder zwei Jahre dauern. Doch die Richtung ist in meinen Augen von hier aus eindeutig nach oben – sowohl für die Immobilienpreise, als auch für die Anzahl der Neubauten. Und das ist dann, wann immer es soweit sein sollte, eine positive Nachricht für Cemex.
Cemex ist an der US-Börse notiert und wird dort stark gehandelt. Die Aktionärsstruktur dieses mexikanischen Unternehmens weist einen untypisch hohen Anteil an US-Amerikanern auf. Und die US-Amerikaner sehen natürlich in erster Linie den eigenen Bauchnabel. Das gute Geschäft in Mexiko selbst sowie in Südamerika wird von den Aktionären in meinen Augen übersehen. So notiert auch die Unternehmensanleihe deutlich schlechter, als es in meinen Augen die geschäftliche Situation rechtfertigt.
Ich habe mir die Anleihe Cemex Finance Europe B.V. EO-Notes 2007 bis 2014 angeschaut (WKN A0LN0J, ISIN XS0289333048), die am 5.3.2014 fällig wird und mit einem Nominalzins von 4,75% versehen ist. Der Kurs der Anleihe beträgt nur 84%, so dass sich eine Rendite von 10,28% p.a. ergibt. Der Kurs von 84% spiegelt meiner Einschätzung nach die Angst der US-Amerikaner wieder, die ihre eigenen Konjunktursorgen auf den gesamten amerikanischen Kontinent übertragen. Doch wenn Sie sich Brasilien und viele andere Lateinamerikanische Länder anschauen, dann werden Sie eine wesentlich bessere konjunkturelle Verfassung feststellen als in den USA.
Vom Umsatz her ist Cemex etwa vergleichbar mit HeidelbergCement (je ca. 11 Mrd. EUR Jahresumsatz). Die Markterwartungen für den Zementmarkt wurden in den vergangenen Wochen sowohl in Amerika als auch in Europa leicht zurückgenommen (die französische LaFarge hat diese Woche entsprechende Informationen ausgegeben). Eine baldige Erholung ist nach Ansicht von Analysten derzeit nicht in Sicht, der Zementmarkt werde durch Konjunkturprogramme über Wasser gehalten.
Cemex hat derzeit eine Nettoverschuldung von 11 Mrd. Euro, also mehr als im Jahr Umsatz erzielt wird. Das ist eine ziemlich große Belastung, denn sowohl die Zinslast, als auch der zu zahlende Zins bei Refinanzierungen ist hoch. Von 2,5 Mrd. USD operativem Gewinn bleiben nach der Bedienung der Kreditzinsen noch gerade einmal 500 Mio. USD übrig.
Wenngleich ich die geschäftliche Situation nicht so kritisch sehe wie viele US-Aktionäre, weil das Geschäft in der lateinamerikanischen Region stabil ist, so braucht das Unternehmen doch einen kräftigen Aufschwung, um die hohe Verschuldung zurückzuführen. Dieser Aufschwung ist nicht in Sicht.
Letztes Jahr hat Cemex einen Kredit in Höhe von 15 Mrd. USD erfolgreich refinanziert. An dieser Front ist also erst einmal eine Beruhigung zu erwarten. Darüber hinaus wurde im März diesen Jahres eine Wandelanleihe ausgegeben, die vom Markt gut aufgenommen wurde. Ich sehe hier also keine Zuspitzung des Liquiditätsproblems.
Aufgrund der hohen Verschuldung hat das Management einen aggressiven Restrukturierungsplan ausgearbeitet. Die Ertragskraft von Cemex soll so schon bald wieder deutlich verbessert werden.
Als Ausweg aus der hohen Verschuldung könnte ich mir vorstellen, dass Cemex demnächst eine Kapitalerhöhung durchführt (Ausgabe neuer Aktien). Das wirkt leider verwässernd für die Altaktionäre, ich würde daher nicht die Aktien von Cemex kaufen. Doch die Finanzstruktur würde sich dadurch erheblich verbessern, die Refinanzierungskosten würden in Folge dessen sinken und der Kurs unserer Anleihe würde dadurch steigen. Dies wäre dann ein Bonus für diese Unternehmensanleihe, wenn Sie Ihre Papiere schon vor Fälligkeit zu einem höheren Kurs verkaufen könnten. Wenn wir die Anleihe bis zur Fälligkeit halten, kann uns eine solche Chance hingegen egal sein, wir würden dadurch dennoch nicht mehr als 100% bei Fälligkeit zurückgezahlt bekommen.
Schauen wir uns die Chancen und Risiken einmal im Überblick an.
Chancen: Konjunkturaufschwung, deutliche Ergebnisverbesserung, anziehender US-Immobilienmarkt, Aufbesserung der Bilanz durch Kapitalerhöhung
Risiken: Refinanzierungsprobleme bei anhaltend schwacher Konjunktur, Insolvenz oder auch eine verminderte Rückzahlung der Anleihe.
Es wäre nicht das erste Mal, dass ein lateinamerikanisches Unternehmen eine Europa-Anleihe nur zum Teil zurückzahlt. Der Vertrauensverlust wäre groß, doch da europäische Anleger dieses Risiko kennen, ist der Anleihenkurs so niedrig und die lockende Rendite so hoch.
Ich halte das Risiko eines solchen Falls aus heutiger Sicht für gering, denn im Grunde genommen kann die geschäftliche Situation für Cemex nicht mehr schlechter werden: Der Immobilienmarkt ist am Boden und es drohte bis vor kurzem die Kürzung bei Konjunkturprogrammen für die Infrastruktur. Trotz dieser widrigen Umstände hat das Unternehmen sich gleich zweimal in den vergangenen Monaten erfolgreich refinanzieren können.
Über 10% Rendite für diese Spekulation halte ich für ein gutes Chance / Risikoverhältnis. Es ist jedoch alles andere als eine Anleihe, bei der Sie sich zurücklehnen und auf die Endfälligkeit warten können. Sie müssen Cemex im Auge behalten, wenn Sie diese Spekulation eingehen.
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