Die Panik im Markt ist deutlich spürbar. Ich kann mich nicht erinnern, jemals an einem Tag so viele Abmeldungen von Ihnen erhalten zu haben wie gestern (5). Seit November trudeln die Börsen gen Süden. Einmal abgesehen von dem Corona-Crash, der binnen weniger Wochen kompensiert wurde, liegt der letzte Crash mit nennenswerten Verlusten (>10%) schon 13 Jahre zurück. Seit 2010 war jeder Ausverkauf eine Kaufgelegenheit.
Heute haben wir es mit einer gänzlich anderen Situation zu tun und ich werde zunehmend vorsichtig. Putin macht Teilmobil. China verhängt immer wieder Hausarrest über Millionenmetropolen mit einer Handvoll Corona-Fällen. Uniper wird verstaatlicht. Wer sich die Stromrechnung anschaut, weiß, dass wir diesen Winter viele Insolvenzen, sowie private Pleiten erleben werden. Und die Inflation ist noch lange nicht eingezäumt.
Heute Abend wird der US-Notenbankchef Jay Powell seine Zinsentscheidung bekannt geben: +0,75% oder +1,0% ist mir letztlich egal. Wichtig ist sein Ausblick. Wenn er weitere Zinsschritte ankündigt, dürfen wir uns auf eine schwere Rezession einstellen. Der Aktienmarkt würde dann noch deutlich tiefer fallen. Daher möchte ich noch ein wenig mehr Cash generieren, bevor die Entscheidung heute um 20 Uhr publiziert wird.
Natürlich kann es auch sein, dass er bekannt gibt, mit der nächsten Zinsentscheidung auf die Daten zu achten, die in den kommenden Wochen eintreffen. In Abhängigkeit von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung könnte er in vier Wochen bei der nächsten Notenbanksitzung dann zu einem anderen Urteil kommen. Die bereits durchgeführten Zinsanhebungen brauchen schließlich Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten.
Aber wer in die Geschichtsbücher schaut, und Jay Powell hat das ausgiebig getan, der weiß, dass Notenbankchef Paul Volcker 1980 zu früh von der Bremse ging und dadurch erst die zweistelligen Inflationsraten ermöglichte. Diesen Fehler wird Jay Powell nicht wiederholen wollen.
Wir werden sehen. Die Panik im Markt ist eigentlich bereits maximal, so dass bei jeder Entscheidung eine Rallye, zumindest eine Erholung zu erwarten ist. Dennoch sehe ich die Gefahr einer harten Linie von Powell als gegeben und möchte mich dagegen absichern. Daher würde ich jetzt noch ein wenig Cash generieren.
Die Rendite der 2 Jahre laufenden Staatsanleihe steht bei knapp 4%. Ohne Risiko erhalten Sie also inzwischen in den USA 4% Zinsen, während der Aktienmarkt auf eine Rezession zusteuert. Sollte es heute nach der Notenbankentscheidung zu einer Erholung kommen, so bin ich inzwischen so pessimistisch gestimmt, dass ich eine Erholung als vorübergehend betrachten würde, solange am Zinsmarkt so hohe Renditen verfügbar sind.
Zu Sixt:
Diese Woche hat das Unternehmen die von uns erwartete Prognoseanhebung kommuniziert. Der Umsatz für 2022 wird nun mit 2,8 bis 3,1 Mrd. Euro erwartet, zuvor ging man von "deutlich über 2,28 Mrd. EUR" aus. Das ist eine Anhebung von 25-30%. Nicht schlecht, oder?
Die Gewinnprognose (EBT) wird nun mit 500-550 Mio. EUR angegeben, zuvor 380-480 Mio. EUR.
Obwohl unsere Spekulation eingetreten ist, denn die Unternehmensprognose wurde deutlich erhöht, konnte die Aktie davon nicht profitieren. Wir liegen mit 20% hinten. Zum einen haben sich die Analystenschätzungen in den vergangenen Wochen kontinuierlich nach oben bewegt. Die Anhebung wurde mehr und mehr eingepreist, ohne dass die Aktie davon profitierte.
Zum anderen ist Sixt eine zyklische Aktie. In der letzten Rezession 2007 bis 2009 brach die Aktie von Sixt um 75% ein, im Coronacrash um 60%. Aktuell notiert die Aktie "nur" 30% unter ihrem Hoch. Die gute Unternehmensentwicklung kommt gegen die schlechte Branchenentwicklung nicht an.
Daher verkaufen wir heute unsere Position, beißen in den sauren Apfel und realisieren den Verlust.
Stephan Heibels Investmentideen werden im Heibel-Ticker Portfolio umgesetzt und können dort transparent nachverfolgt werden.
Die Heibel-Ticker PLUS Mitglieder nutzen die Investmentideen in der Regel zur Orientierung für ihre eigenen Investmententscheidungen. Deren Performance ist in der Regel noch besser als die durchschnittlichen 11% pro Jahr vom Heibel-Ticker Portfolio.
Bei Interesse finden Sie auf der Heibel-Ticker PLUS Seite weitere Informationen und Möglichkeiten zur Mitgliedschaft. Antworten zu den häufigsten Fragen gibt es ebenfalls und gerne beantworten wir individuelle Fragen über das Kontaktformular.
Es geht drunter und drüber an den Finanzmärkten. Ich habe eine Spekulation für Sie herausgesucht, die uns in diesen turbulenten Tagen vielleicht unabhängig von den globalen Problemen Freude bereiten kann. Sixt hat am 2.3. seine Prognose für das laufende Jahr veröffentlicht, da war der Krieg Russlands gegen die Ukraine gerade eine Woche alt und führte sicherlich zu einer besonders "konservativen", also niedrigen Prognose.
Ich habe mir Sixt im Detail angeschaut und bin der Ansicht, dass die derzeit kursierende Prognose von Sixt zu niedrig ist und daher demnächst angehoben wird. Schauen wir uns zunächst Sixt ein wenig genauer an.
Das Familienunternehmen Sixt wurde 1912 mit drei Fahrzeugen gegründet. Im Ersten Weltkrieg wurde die Flotte von Sixt vom deutschen Heer konfisziert. Die durch den Wiederaufbau zwischen den beiden Weltkriegen entstandene Flotte wurde im Zweiten Weltkrieg erneut durch die Wehrmacht requiriert. Es folgte nach dem Krieg erneut der Wiederaufbau. 1967 bot Sixt als erstes deutsches Unternehmen das Leasing an. 2011 erfolgte die Expansion in die USA. Im gleichen Jahr startete Sixt im Joint Venture mit BMW DriveNow. Der 50%-Anteil von Sixt wurde 2018 durch BMW vollständig übernommen, der Erlös von 209 Mio. Euro führte zu einer Sonderdividende. 2015 wurde die Leasing-Sparte an die Börse gebracht, Erlös 248 Mio. Euro.
Seither konzentriert sich Sixt auf neue "Besitzformen" des Autos. 2019 wird der eigene Carsharing Dienst "Sixt share" gestartet. Autovermietung, Carsharing und Fahrdienste werden in einer App vereint. 2021 geht Sixt eine Kooperation mit Mobileye ein, einem führenden Anbieter im Umfeld des autonomen Fahrens. Noch in diesem Jahr sollen in München erste autonom fahrende Taxis durch die Stadt rollen.
Konzernstruktur
So unterscheidet der Konzern derzeit fünf Geschäftsfelder:
1. Sixt rent: Weltweit 2.100 Vermietungsfilialen mit 240.000 PKWs und LKWs, 500 Stationen davon in Deutschland. In Europa und den USA besitzt Sixt die Filialen selber, außerhalb dieser Regionen sind es Franchise-Partner.
2. Sixt share: Berlín, Hamburg, München und Holland bieten Autos minutenweise an. Bislang wurden 100 Mio. Km Fahrten zurückgelegt, allein 2021 wurden 2,5 Mio. Fahrten absolviert.
3. Sixt ride: In über 400 Städten in 50 Ländern werden Taxis, Limousinen und Chauffeur-Dienste angeboten. Dazu kooperiert Sixt in Deutschland mit dem Taxigewerbe, in den USA mit Lyft (Wettbewerber von Uber). Mit 2.500 Partnern hat Sixt so Zugriff auf 5 Mio. Fahrer.
4. Sixt+: Derzeit in acht Ländern bietet Sixt Neuwagen im Abo an. Bis Ende des Jahres sollen über 16.000 Aboverträge verkauft sein. Die monatliche Rate deckt auch alle üblichen Nebenkosten.
5. Sixt Micro: Mit dem Partner TIER werden E-Roller sowie rund 3.500 E-Mopeds in Berlin, Hamburg, Köln und München angeboten. Bislang wurden 300.000 Fahrten absolviert, Ihr Autor steuerte fünf Fahrten bei :-)
Lukrative Märkte wie Europa und die USA bearbeitet Sixt "asset-heavy", also mit eigenen Filialen, die eine eigene Fahrzeugflotte unterhalten. Andere Märkte werden von Franchisenehmern in eigener Verantwortung bearbeitet, also "asset-light". Das Geschäftsmodell mit eigenen Fahrzeugen bindet also eine Menge Kapital, ist aber sehr lukrativ. Franchisenehmer hingegen arbeiten in die eigene Tasche und liefern nur einen kleinen Teil des Gewinns an Sixt ab. Diese Art des Geschäfts ist risikoarm und schont die Bilanz. In den vergangenen 10 Jahren befanden sich stets rund 52% der Fahrzeuge im Besitz von Sixt, 48% im Besitz der Franchisnehmer.
Zwei Drittel des Geschäfts macht Sixt derzeit mit Privatkunden, Tendenz steigend. Der Umsatz mit Geschäftskunden ist in der Coronazeit stärker zurück gegangen als der Umsatz mit Privatkunden.
Abbildung 1: Entwicklung des Zielmarktes von Sixt
Quelle:
Unternehmenspräsentation S. 4
Während der klassische Markt für Mietwagen weltweit ein Marktvolumen von 83 Mrd. USD hat, könnte Sixt den Zielmarkt bis 2030 auf 6.700 Mrd. USD ausweiten, wenn Fahrdienste, Car-Sharing und Privatwagen im Abo-Modell hinzu kommen. Diese neuen Märkte sind Wachstumsmärkte mit Wachstumsraten von 15% p.a.
style='margin: 0'>Problem der Vergleichbarkeit
2015 brachte Sixt die Leasingtochter an die Börse. 2019 verkaufte Sixt über die Hälfte seiner Beteiligung und konsolidiert seither das Leasinggeschäft nicht mehr in der Bilanz. Lediglich die 2019er-Bilanz berücksichtigt die Auswirkungen dieser Transaktion, ältere Zahlen wurden von Sixt nicht um diese Transaktion bereinigt. Daher sind alle verfügbaren Vergleichszahlen von 2018 und älter nicht mehr aussagekräftig. 2020 folgte dann der Coronacrash und seither kommt es zu einer Erholung, in der der Umsatz noch immer nicht auf Vor-Coronaniveau angewachsen ist, der Gewinn sich jedoch mehr als verdoppeln konnte.
Institutionelle Anleger brauchen lange Zahlenreihen, um ihre Investmententscheidung zu begründen. Entweder sie rechnen sich mit Hilfe vieler Annahmen alte Zahlen selber aus, oder aber sie suchen sich lieber eine andere Aktie.
Aber es wird noch schwerer: Ein maßgeblicher Anteil am Umsatz haben die Autoverkäufe. Sixt hält Fahrzeuge durchschnittlich 6 Monate, das ist wesentlich kürzer als bei Wettbewerbern. Außerdem werden die Rückkaufpreise meist bereits beim Einkauf vereinbart, 85% der Flotte trägt bereits vom ersten Einsatztag ein festes Verkaufspreisschild.
In der Corona-Pandemie gelang es Sixt dadurch, sehr schnell auf den Nachfrageeinbruch zu reagieren. Die Flotte wurde schneller dezimiert als bei den Wettbewerbern. Dadurch kam es bei Sixt zu einem erheblichen Kapitalzuflüssen: Es wurden weniger Neufahrzeuge gekauft und viele 6-Monate alte Fahrzeuge verkauft. Hertz meldete während Corona Insolvenz an. Europcar wurde von VW (66%) und zwei Finanzinvestoren aufgefangen. Avis Budget ist zwar agil und lukrativ, hat das Geschäft aber so stark finanziert, dass nach der Zinslast kaum Gewinn übrig bleibt.
In Europa konnte Sixt durch die Pandemie den Marktanteil von 17% auf 24% ausweiten, in den USA von 1,7% auf 2,6%. Doch es ist nicht nur die Flexibilität, die Sixt einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Auch die stets pfiffige Werbung würde ich nennen.
Abbildung 2: Kreative Sixt Werbung
Quelle: Sixt Unternehmensseite
Und die Fokussierung auf Premium-Fahrzeuge (Cabrios, große Limousinen, Vans), bei denen die Preissensitivität geringer ist, hilft auch, Krisen besser zu überstehen. Eingangs zeigte ich die vielen Geschäftsfelder des Unternehmens. Daraus wird schnell ersichtlich, wie stark Sixt Zukunftsthemen entwickelt und frühzeitig in ein funktionierendes Geschäftsmodell überführt. Damit gehört Sixt zu den Innovatoren der Branche.
Ich würde mal behaupten, dass das traditionelle Mietwagengeschäft ein Auslaufmodell ist. Künftig wird sich Sixt nicht mehr mit Europcar und Avis messen, sondern mit Waymo, Uber, Tesla und Apple.
Trigger
Sixt beschäftigt seine IT-Entwickler in Deutschland, Indien und der Ukraine. Ich weiß nicht, welchen Einfluss der Ukraine-Krieg auf die Entwicklungskapazitäten des Konzerns haben wird. Der Chipmangel führte bereits zu einem sprunghaften Anstieg der Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Doch die Inflationsbekämpfung könnte eine Rezession nach sich ziehen, was diese Preissprünge wieder ausradieren könnte. Auch haben Wettbewerber wie Apple, Alphabet und Tesla eine andere Qualität als Hertz, Europcar und Avis. Ich möchte hier also derzeit keine langfristige Wette eingehen, sondern lediglich eine kurz laufende Spekulation.
Anfang März stellte Sixt für das laufende Jahr einen "deutlich steigenden" Umsatz in Aussicht bei einer Gewinnentwicklung (EBT) von -14% bis +8%. Unsicherheiten gibt es mehr als genug: Wir wirkt sich die Inflation auf die Nachfrage nach Fahrzeugen aus? Wie wirken sich die erhöhten Spritkosten aus? Ein Nachfragerückgang wäre nicht überraschend.
Doch die Zahlen für Q1 lagen bereits deutlich über den Erwartungen. Im Mai wurden ein Umsatzwachstum von 67% und ein Gewinnsprung (nach Verlust im Vorjahr) verkündet. Q1 war noch stark durch Corona-Lockdowns bedingt, so dass wir in diesem Sommer erst sehen werden, wie stark Sixt inzwischen aufgestellt ist. Marktanteilgewinne und eine gestiegene Profitabilität treffen dann auf eine neue Reiselust der corona-müden Urlauber.
Auf Mallorca haben sich die Mietpreise gegenüber 2019 fast verdoppelt. Die Anzahl der Buchungen ist nahezu wieder auf dem Vorcorona-Niveau. Der Chipmangel führt weiterhin zu knappen Fahrzeugen weltweit, im Zweifel muss man eben mieten.
Sie haben sicherlich die Auswirkung der Chipknappheit auf die Automobilbranche verfolgt: Es werden vorzugsweise die Premium-Fahrzeuge gebaut, weil dort die Marge am größten ist. Gerade diese Fahrzeuge werden von Sixt eingesetzt, der Mangel dürfte also auf der Beschaffungsseite für Sixt überschaubar sein. Knapp sind die gewöhnlichen, günstigen Autos. Wer keines mehr vor dem Sommer bekommt, wird sich vielleicht mal ein Cabrio gönnen.
Spaß macht in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass der Marktanteil in den USA mit nur 2,7% noch viel Luft nach oben hat. Der US-Markt ist mit einer Marge von 28% deutlich lukrativer als der europäische Markt mit 20%.
Vorzugsaktie mit deutlichem Bewertungsabschlag
Sixt hat Stammaktien und Vorzugsaktien. 62% der Stammaktien befinden sich in der Hand der Sixt-Familie. Die Vorzugsaktien befinden sich im Streubesitz und haben einen Dividendenvorteil. Aktuell notiert die Stammaktie bei 112 Euro, die Vorzugsaktie bei 68 Euro, bei gleicher Dividende. Ich würde mir daher die Vorzugsaktie ins spekulative Portfolio holen, vielleicht profitiert die Vorzugsaktie auch einfach nur von einem Abbau dieser Bewertungsdifferenz.
Seit vergangenem November ist die Vorzugsaktie von Sixt von 95 auf nunmehr 68 Euro eingebrochen. Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass wir hier den Boden sehen. Doch bei einem KGV 23e von 18 bei hohen Wachstumsraten im Gewinn finde ich die Bewertung günstig genug, um auch einen weiteren Abwärtsmove entspannt auszusitzen. Ich würde also heute die Vorzugsaktie zu Kursen unter 70 Euro ins spekulative Portfolio holen.
Stephan Heibels Investmentideen werden im Heibel-Ticker Portfolio umgesetzt und können dort transparent nachverfolgt werden.
Die Heibel-Ticker PLUS Mitglieder nutzen die Investmentideen in der Regel zur Orientierung für ihre eigenen Investmententscheidungen. Deren Performance ist in der Regel noch besser als die durchschnittlichen 11% pro Jahr vom Heibel-Ticker Portfolio.
Bei Interesse finden Sie auf der Heibel-Ticker PLUS Seite weitere Informationen und Möglichkeiten zur Mitgliedschaft. Antworten zu den häufigsten Fragen gibt es ebenfalls und gerne beantworten wir individuelle Fragen über das Kontaktformular.