H E I B E L - T I C K E R P L U S
F I N A N Z I N F O R M A T I O N E N
- Einfach einen Tick besser -
DEUTSCHE BIBLIOTHEK : ISSN 1862-5436
14. Jahrgang - Ausgabe 44 (01.11.2019)
Erscheinungsweise: wöchentlich Freitag/Samstag
I N H A L T
01. | Info-Kicker: Supermario liebt Halloween |
02. | So tickt die Börse: Q-Zahlen zeigen überwiegend positives Bild |
- Giganten stoßen an politische Grenzen | |
- IPO-Kater | |
- Optimismus in Deutschland | |
- Wochenperformance der wichtigsten Indizes | |
03. | Sentiment: Gesunder Dämpfer |
- | |
04. | Ausblick: Vergessene Perlen |
- Zooplus | |
- Twilio | |
- Spotify | |
- Einkaufsliste mit Wunschpreisen | |
05. | Update beobachteter Werte: TUI |
- TUI: Keine Haarrisse bei TuiFly | |
06. | Übersicht HT-Portfolio |
07. | Disclaimer / Haftungsausschluss und Risikohinweise |
08. | An-/Ab-/Ummeldung |
01. Info-Kicker: Supermario liebt Halloween
Liebe Börsenfreunde,
Gestern Abend habe ich Supermario gespielt. Zum Abschied des EZB-Chefs habe ich mich einmal in seine Situation versetzt und so gehandelt, wie er es über acht Jahre lang getan hat. Und ich muss sagen: Es hat sehr viel Spaß gemacht.
Ich habe mir vorgestellt, die Kinder, die bei uns kostümiert geklingelt haben, sind Politiker. Und die Süßigkeiten, die ich verteilt habe, sind Euros. Über zweihundert Euros habe ich verteilt: Jeder Politiker, der klingelte, durfte in meine Schale mit Euros greifen. Jeder.
Da war es mir egal, ob sich die Politiker Mühe gegeben hatten, oder nicht. Die fantastischsten Darbietungen habe ich zu hören bekommen: Mehrstimmige Grusellieder, lange Gedichte, tolle Kostüme. Fantastisch, was einzelne Politiker auf die Beine gestellt haben.
Es gab aber auch Politiker, deren Kostüm war eher spärlich. Und viele kamen über den Spruch "Süßes oder Saures" nicht hinaus. Es gab sogar Kinder, die gar nicht zu unserer Nachbarschaft gehörten, ... ups, ich meine Politiker, die gar nicht zur EU gehören. Auch die durften in meine Schüssel mit Euros greifen. Jeder! Sie glauben gar nicht, wie gut es sich anfühlt, so großzügig zu sein.
Viele Politiker wurden von der arbeitenden Bevölkerung (Eltern) begleitet. Die arbeitende Bevölkerung blieb im Hintergrund, die Politiker wurden meist alleine in den Vorgarten geschickt. Und manchmal, wenn ich zu schnell die Schüssel mit den Euros hervor holte, hörte ich aus dem Hintergrund: "Na, dass sollte aber nochmal etwas besser vorgetragen werden".
Aber was kümmerte mich die arbeitende Bevölkerung, ich wollte bei den Politikern beliebt sein. Und daher habe ich die Schüssel dennoch gleich hingehalten. Die nächsten Politiker warteten schon. Stellen Sie sich mal vor, wie viel zu tun ist, wenn innerhalb von ca. anderthalb Stunden 200 Politiker etwas bekommen wollen.
Ist es mein Mandat, den Kindern beizubringen, ein ordentliches Gedicht oder Liedchen vorzutragen? Nein, ganz und gar nicht. Rechtlich gesehen habe ich mich also innerhalb meines Mandats bewegt. Erziehung ist Sache der arbeitenden Bevölkerung. Wenn die arbeitende Bevölkerung mit den Politikern der etablierten Volksparteien nicht zufrieden ist, muss sie die Politiker besser erziehen.
Viele Eltern schieben heute einen Großteil der Erziehung auf die Lehrer ab. Die arbeitende Bevölkerung schiebt die Erziehung der Politiker auf ... auf ... ja, da gibt es niemanden. Da wird der verzogene Politiker lieber verstoßen und man wählt sich eine Alternative, egal ob links oder rechts. Hier endet der Vergleich mit den Kindern, denn das eigene Kind kann man (zum Glück) nicht so einfach verstoßen oder austauschen. Die Familie bleibt Familie, auch wenn unangenehme Probleme gelöst werden müssen.
Die Moral von der Geschicht: Jedes Volk bekommt die Politiker, die es verdient. Wer über Politiker oder über politisch engagierte Mitbürger meckert, der sollte sich überlegen, ob er nicht sein eigenes politisches Engagement verstärken sollte, um unsere Gesellschaft im eigenen Sinne zu formen. Das nennt man Patriotismus im positiven Sinne. Doch der ist in Deutschland mit einem negativen Beigeschmack versehen, deswegen fehlt's an dieser Stelle.
Im heutigen Heibel-Ticker habe ich eine ganze Reihe von Themen abgehandelt: Facebook, Apple, Alphabet (Google) und Amazon haben mit politischem Gegenwind zu rechnen, denn die Quasi-Monopolstrukturen sind inzwischen in Washington bekannt. Uber, Pinterest, Beyond Meat und Zoom Video sind vor 6 Monaten an die Börse gegangen, derzeit sorgt eine Flut von zum Verkauf frei werdenden Aktien für fallende Kurse bei allen vier IPOs. Und in Deutschland kommt Optimismus auf: Airbus, Zalando, Varta, Fresenius und FMC haben gute Zahlen veröffentlicht, oder zumindest nicht so schlechte wie befürchtet. Ordentliche Kurssprünge sind die Folge. Was hinter diesen Themen steckt, erfahren Sie in Kapitel 02.
Das Anlegersentiment hat sich deutlich abgekühlt, obwohl der DAX gar nicht korrigierte. Das ist gesund, wie ich in Kapitel 03 zeige.
Unsere Einkaufsliste umfasst inzwischen elf Titel mit Wunschpreisen. Ein Titel davon hat seinen Wunschpreis erreicht. Heute stelle ich Ihnen in Kapitel 04 aber noch drei weitere Aktien vor, die ich als vergessene Perlen betrachte und in unser Portfolio holen würde. Unternehmen, deren Geschäftsmodell funktioniert, es brummt an allen Ecken und dennoch sind die Aktien dieser Unternehmen in den vergangenen vier Wochen so stark unter Druck geraten, dass ich es nun für den richtigen Zeitpunkt halte, hier Spekulationen einzugehen und zwei Aktien sogar in unser Wachstumsportfolio zu holen.
Wie immer gibt es wichtige Updates in Kapitel 05 sowie eine Übersicht über unser Portfolio in Kapitel 06.
Die PDF-Version dieser Ausgabe steht Ihnen ab sofort im Archiv sowie unter dem folgenden Link zur Verfügung: https://www.heibel-ticker.de/downloads/htp191103.pdf
Nun wünsche ich eine anregende Lektüre,
take share, Ihr
Börsenschreibel
Stephan Heibel
Chefredakteur und
Herausgeber des
Heibel-Ticker
02. So tickt die Börse: Q-Zahlen zeigen überwiegend positives Bild
Die Flut der Quartalsberichte setzte sich diese Woche fort. Überwiegend gute Q-Zahlen haben für eine weiterhin gute Stimmung an den Aktienmärkten gesorgt, bis am gestrigen Donnerstag Berichte erschienen, dass man sich in China gar nicht sicher sei, ob es zu der von Donald Trump angekündigten Teileinigung mit China kommen werde. Umgehend brachen die US-Aktienmärkte ein.
Gewöhnen Sie sich an solche Zweifel, denn es bedient die Angst der Leser. Egal wer in China so etwas sagt, Sie können sicher sein, dass es in allen Zeitungen zu lesen sein wird. Wir können nicht beurteilen, ob da was dran ist oder nicht und ich habe mich darauf eingestellt, dass die Zeit der Eskalation bis auf weiteres zu Ende ist, wirkliche Lösungen aber nur in Tippelschritten erzielt werden. Das Thema Handelsstreit wird uns vermutlich noch sehr lange begleiten.
Schauen wir daher lieber auf die Quartalszahlen, denn daraus können wir ablesen, wie es um die Wirtschaft tatsächlich bestellt ist. Es fällt auf, dass in den USA insbesondere der Einzelhandel boomt. Der Einzelhandel ist genau die Branche, für die der Handelsstreit die ach so negativen Folgen haben sollte: Höhere Preise bei Konsumgütern, wenn dort Zölle draufgeschlagen werden, würden den Umsatz des Einzelhandels belasten und die Gewinne schmälern. Nichts dergleichen ist zu hören. Vielmehr meldet ein Unternehmen nach dem anderen, dass man inzwischen alternative Produktionsstandorte anderswo in Asien aufgebaut habe und so vom Handelsstreit unabhängig sei.
Je länger der Handelsstreit also andauert, desto mehr US-Unternehmen werden ihre Produktionen verlegen. Wie viel Produktionen haben chinesische Unternehmen schon aus den USA abgezogen? Meines Wissens Null. Natürlich belastet der Handelsstreit auch die USA, doch egal wo ich hinschaue, habe ich den Eindruck, dass die Belastung für China größer ist.
Die derzeitig führende Demokratin im Präsidentschaftswahlkampf ist Elizabeth Warren. Sie würde gegen China deutlich härter vorgehen als Donald Trump, ihre Methoden sind eher im kommunistischen Gedankengut beheimatet. Ich weiß nicht, ob die Chinesen mit einer Einigung warten wollen, bis vielleicht Warren im Weißen Haus sitzt.
Randbemerkung: Sie erinnern sich, dass die USA acht chinesische Unternehmen auf die Schwarze Liste gesetzt haben, weil sie mit Gesichtserkennung und Ähnlichem zu tun haben. Hier ist nun der Hintergrund dazu zu lesen: https://www.ft.com/content/68155560-fbd1-11e9-a354-36acbbb0d9b6?sharetype=blocked: Nicht Gesichtserkennung, sondern Gefühlserkennung zur frühzeitigen Prävention von Kriminalität. 1984 von George Orwell ist eine nostalgische Erinnerung an gute alte Zeiten.
GIGANTEN STOSSEN AN POLITISCHE GRENZEN
Facebook hat überragend gute Quartalszahlen vorgelegt: 29% Umsatzwachstum, 20% Gewinnwachstum. Das KGV beträgt nur 20, die Aktie ist damit ziemlich günstig. Wenn Sie sich das Transkript der Telco durchlesen, dann wird schnell klar, dass Facebook unendlich viele Möglichkeiten hat, weiter zu wachsen. Das erwartete Wachstum von 20% p.a. bezieht sich nur auf das organische Wachstum.
Dabei hat Facebook über 50 Mrd. USD Cash in der Kasse und könnte Unternehmen wie Twitter, Snap und Shopify kaufen, um seinen weltweit 2,6 Mrd. monatlichen Nutzern eine vollständige Onlinewelt vom sozialen Kontakt bis zum Einkaufen zu bieten. Doch da entstünde ein Monopolist, den Wettbewerbsbehörden so wohl nicht zulassen würden.
Auch Apple hat Zahlen vorgelegt, die deutlich besser waren als erwartet. Insbesondere der Bereich der Dienstleistungen wuchs mit 18% stark an, aber auch die Apple Watch sowie die Ohrstöpsel, die unter Wearables (Anziehbares) zusammengefasst werden, erlebten einen Umsatzsprung (+41%). Da der Absatz des iPhones um 9% zurückgegangen war, blieb am Ende ein Umsatzrückgang von 2% übrig. Da die Sättigung des Smartphone Marktes bereits seit Jahren erwartet wird, ist der Rückgang in diesem Bereich keine Überraschung mehr, überrascht hat das Wachstum der anderen Bereiche.
Apple startete in diesen Tagen mit seinem TV+ Angebot. Es wäre ein Leichtes für Apple, das 100 Mrd. USD in Bar in der Kasse liegen hat, die Übertragungsrechte der Bundesliga, aller europäischen Ligen, der Europameisterschaft und vom mir aus auch der Weltmeisterschaft zu kaufen. Doch auch hier würden Wettbewerbsbehörden vermutlich hellhörig.
Die Google-Mutter Alphabet konnte mit ihren Q-Zahlen nicht begeistern, durch den starken US-Dollar fiel der Gewinn kleiner aus als erwartet. Der Umsatz ist immerhin um 20% angewachsen, die Wachstumsstory ist also intakt. Google hat alles, was man als Einzelhändler braucht. Warum kann Google nicht beispielsweise Walmart kaufen, um einen Gegenpol zu Amazon zu bilden? Oder Fitbit, um die Produktion eigener Hardware zu starten? Ups, heute wurde bekannt, dass Google Fitbit kaufen möchte. Warum könnte Amazon nicht FedEx kaufen? Oder die Deutsche Post, ein Schnäppchen.
Diese Übernahmen geschehen nicht, weil die Politik und als deren Exekutive die Wettbewerbsbehörden inzwischen ein Auge auf die monopolistischen Strukturen dieser vier Giganten geworfen haben. Facebook, Apple, Amazon und Alphabet sind jeweils größer als ganze Staaten, haben jeweils mehr Kunden als die meisten Länder der Erde und verfügen über mehr Kapital als die meisten Länder. Deren organisches Wachstum ist intakt und die Aktienkurse werden meines Erachtens noch eine lange Zeit ordentlich laufen.
In Sachen Politik kommt Bewegung auf: Twitter gab diese Woche bekannt, keine politische Werbung mehr über die Plattform zuzulassen. Umgehend verurteilte das Trump-Wahlkampfteam diese Entscheidung als einseitige Einflussnahme zu Lasten der Republikaner, da gerade die konservativen Ansichten in der linken Presse zu kurz kämen und auf Twitter angewiesen seien. Witzig in diesem Zusammenhang: Facebook hat explizit politische Werbung zugelassen und verspricht sich ein gutes Geschäft vom US-Präsidentschaftswahlkampf 2020.
Während Twitter also als kleiner Marktteilnehmer den politischen Druck durchaus wahrnimmt, fühlen sich Facebook und Alphabet (durch Fitbit-Übernahme) wohl stark genug, um die Politik zu ignorieren.
Doch nennenswerte Übernahmen sind für diese Giganten nicht mehr möglich. Und damit geht ein gutes Stück Kursphantasie für diese Aktien verloren. So ist zu erklären, dass diese vier Unternehmen auf einem in meinen Augen günstigen KGV notieren: Alphabet 23, Apple 16, Facebook 20. Okay, Amazon mit 65 fällt aus dem Rahmen.
Damit sind diese vier Wachstumsunternehmen Value-Aktien geworden mit verlässlichem Wachstum und vertretbarem Bewertungsniveau. Ein Rückgrat für jedes diversifizierte Aktienportfolio, doch aufgrund der Größe und aufgrund des politischen Gegenwinds inzwischen nicht mehr dazu geeignet, neue, höhere Bewertungsniveaus zu erklimmen.
Neben dem politischen Gegenwind wird es bald auch ein Thema werden, wie viel Zeit diese Giganten von ihren Kunden denn überhaupt abzwacken können: Mit Netflix, Amazon Prime, Disney, Apple TV+ und diversen anderen Streaming-Diensten ist es dem TV-Konsumenten schon bei jedem einzelnen Angebot nicht mehr möglich, mit den Neuerscheinungen eines einzelnen Angebots Schritt zu halten, geschweige denn sich einen Überblick über alle Dienste zu verschaffen.
Mit Facebook, Instagram, Pinterest, Twitter, Snap, LinkedIn, WhatsApp und Xing ist es dem einzelnen Menschen kaum mehr möglich, seine sozialen Kontakte im Überblick zu behalten, geschweige denn jedem "Freund" gerecht zu werden.
Mit MacBook, iPad, iPhone, Apple Watch und AirPods ist der Apple-Fan heute schon zugepflastert mit Apple-Geräten. Da wird künftig eher das eine oder andere Gerät wegfallen (iPad oder iPhone?), als dass sich eine neue Gerätekategorie zusätzlich etablieren kann.
Wir haben in der jüngeren Vergangenheit eine Flut neuer Angebote erlebt, die um die Gunst (sprich Zeit) der Kunden buhlen. Ich denke, die nächste Phase wird ein Selektionsprozess sein, dem das eine oder andere Angebot zum Opfer fallen wird.
IPO-KATER
Im Frühjahr gab es eine Reihe von Börsengängen in den USA: Uber, Pinterest, Zoom Video und Beyond Meat waren die prominentesten Unternehmen, die ihre Aktien in den Markt gaben. Alle vier Aktien haben eine saubere Flugbahn beschrieben, wie sie bei den Hammerwerfern zu bewundern ist. Bei Uber und Pinterest ist sogar schon der Aufschlag mit entsprechendem Krater zu sehen. Soll heißen: die Aktien starteten mit großem Plus, stiegen dann bis in den Sommer hinein unaufhaltsam immer höher, um in den vergangenen drei Monaten der Erdanziehungskraft zu erliegen und wieder auf das IPO-Niveau zurückgeholt zu werden. Roundtrip.
Katerstimmung macht sich bei den Anlegern breit, die noch investiert sind. Viele davon wurden erst in den vergangenen Wochen geködert. Hintergrund ist die Lockup-Periode: Beim Börsengang wird individuell festgelegt, wie lange sich die Altaktionäre verpflichten, ihre eigenen Aktien nicht weiter in den Markt zu geben. Meistens wird hier eine Frist von sechs Monaten vereinbart. In dieser Zeit müssen die institutionellen Anleger, die eine Position in den entsprechenden Unternehmen aufbauen wollen, ihre Positionsgröße durch kurstreibende Käufe auf die gewünschte Größe bringen. Da noch nicht so wirklich viele Aktien im Umlauf sind, streiten sich also viele institutionelle Anleger um die wenigen verfügbaren Aktien, die Kurse schießen in die Höhe.
Je näher wir nun dem Ende der 6-Monatsfrist kommen, desto mehr institutionelle Anleger halten sich nun zurück und warten auf das frische Angebot, das in diesen Tagen zu erwarten ist. Jetzt, wo die Altaktionäre ungezügelt Kasse machen können, gibt es die Möglichkeit, die gewünschte Positionsgröße zu erwerben, ohne dadurch den Kurs zu treiben. Im Gegenteil, die meisten institutionellen Anleger, die dieses Spielchen noch nicht kennen, haben inzwischen ihre gewünschte Positionsgröße. Nun kehrt sich das Verhältnis um: Es werden mehr Aktien angeboten als nachgefragt. Also fallen die Kurse.
An diesem Beispiel können Sie sehr schön sehen, dass Angebot und Nachfrage an der Börse die Kurse bestimmen. Das hat kurzfristig überhaupt nichts mit dem Bewertungsniveau eines Unternehmens zu tun. Überhaupt nichts. Und daher gibt es in dieser Phase schöne Schnäppchen.
Mein Favorit ist Pinterest mit 60% Wachstum und einem Kurs/Umsatz-Verhältnis von 13, weil ein Gegenpol zu Facebook dringend benötigt wird. Leider werden die Papiere von Pinterest noch nicht in Deutschland notiert, so dass nur diejenigen, die über die US-Börsen kaufen wollen, die Aktien beziehen können. Da die Gebühren für die meisten von Ihnen sehr hoch sind, weil Sie nur über deutsche Depots verfügen, habe ich diese Möglichkeit für unser Heibel-Ticker Portfolio ausgeschlossen.
Aber großartige Geschäftsmodelle haben alle vier. Ich habe die vier daher durch unsere Rule 40 Analyse gejagt (https://www.heibel-ticker.de/heibel_tickers/1665), doch leider besteht sie noch keiner der vier Kandidaten:
- Beyond Meat hat den Umsatz verdreifacht und dabei nur wenig Verlust erwirtschaftet, die Ziffer steht bei 242! Dafür beträgt der Unternehmenswert das 16-fache des Jahresumsatzes und liegt damit über der Marke von 10. Die fleischlosen Burger treffen voll den Zeitgeist der Klimabewegung, doch die Konkurrenz schläft nicht. Der Preis für einen Beyond Burger fällt derzeit noch schneller als die Aktie von Beyond Meat.
- Uber hat eine Gewinnmarge von -66% und verbrennt damit das magere Umsatzwachstum von 14%, die Rule 40 Ziffer lautet also -52. Dafür wird der Umsatz nur mit dem 4,4-fachen bewertet, was die Reife des Unternehmens zeigt. Uber muss zeigen, dass mit dem Geschäftsmodell nicht nur die Welt dominiert, sondern auch Geld verdient werden kann.
- Pinterest verbrennt sogar mehr Geld, als es umsetzt! Da werden die 62% Umsatzwachstum zu einer Rule 40 Ziffer von -64 gewandelt. Und auch das Kurs/Umsatz-Verhältnis (KUV) steht bei stolzen 14 und somit über unserer Marke von 10. Wie oben gesagt, Pinterest spricht die junge Generation an und ist ein dringend benötigter Gegenpol zu Facebook.
- Zoom Video Communications hat im abgelaufenen Jahr den Umsatz verdoppelt und trotzdem einen Gewinn erwirtschaftet. Die Rule 40 Ziffer steht bei 98! Sensationell, oder? Solch ein Erfolg hat seinen Preis, das KUV liegt mit 41 jenseits von Gut und Böse.
Alle vier Unternehmen haben ein super Geschäftsmodell und werden meiner Einschätzung nach in den kommenden Jahren zu Erfolgsstories, auch an der Aktienbörse. Mit dem aktuellen Überangebot an frei werdenden Aktien wäre ich mit einem Kauf jedoch noch vorsichtig. Ich habe keine Ahnung, auf welchem Kursniveau die Aktien tatsächlich einschlagen werden, bevor die langfristig rosigen Aussichten auf vernünftigem Bewertungsniveau zu einer ordentlichen Kursperformance führen können. Derzeit sind diese Aktien also bestenfalls Spekulationen wert.
OPTIMISMUS IN DEUTSCHLAND
Zalando hat 26% Umsatzwachstum vermeldet, der bereinigte Gewinn fiel sogar positiv aus. Sensationell, würde ich sagen, nachdem das Unternehmen im vergangenen Jahr einen Rückschlag nach dem anderen zu verarbeiten hatte. Okay, da kommen nun Analysten mit Kommentaren daher, dass das Wachstum ja nur deshalb so gut ausgefallen sei, weil die Vergleichsbasis von vor einem Jahr so schwach sei. Aber bis vor kurzem wurde immer wieder daran gezweifelt, dass Zalando sein ursprüngliches Wachstum von 25-30% wieder erreichen könne. Gestern wurde der Beweis vorgelegt, und noch dazu ohne Verluste auszuweisen.
Die Unternehmensprognose wurde beibehalten und hier liegt der Hase im Pfeffer: Analysten hatten sich eine Anhebung der Unternehmensprognose erhofft. Gleichzeitig kamen gestern ja die Zweifel über die Teillösung im US-chinesischen Handelsstreit auf und so wurde der Einzelhändler heftig ausverkauft: -6% standen am Ende zu Buche. Im Kielwasser von Zalando habe ich eine andere Aktie, die ich Ihnen im Kapitel 04 zum Kauf empfehle. Dort halte ich die Situation für noch vorteilhafter für uns Aktionäre.
Batterienhersteller Varta hat diese Woche alle überrascht: Das Geschäft mit Knopfbatterien boomt, schnurlose Kopfhörer werden so stark nachgefragt, dass Varta sogar eine neue Fabrik plant. Und nun kommt noch die Spekulation hinzu, dass Apple Interesse angemeldet habe, Varta als Batterielieferant für seine Produkte (Beats-Kopfhörer oder AirPods) zu nutzen. Um 19% ist Varta diese Woche angesprungen. 270 Mio. Euro Umsatz werden mit 4,25 Mrd. Euro Marktkapitalisierung belegt, ein KUV von 16. Der Umsatz soll sich im Jahr 2020 verdoppeln, der Gewinn ebenso. Das ist sicherlich eine tolle Wachstumsstory und wer die Aktie hat, kann gerne drin bleiben, sollte die Position jedoch mit einem Stopp Loss absichern.
Airbus freut sich über volle Auftragsbücher, kommt mit der Produktion aber nicht hinterher. So wurde das Produktionsziel für den 321NEO ein klein wenig gekappt, dennoch steigt die Profitabilität. Während das Umsatzwachstum bei 7% liegt, wächst der Gewinn fast doppelt so schnell an. Es ist das Zeichen dafür, dass die Entwicklungsleistung weitgehend vollzogen ist, nun folgt die Optimierung (und damit Margensteigerung) beim Abarbeiten der Bestellungen, wenngleich da manchmal kleinere Hürden zu überspringen sind. Das Produktionsziel wurde von 880-890 auf 860 der 321NEO gekappt, weil die Innenausstattung derzeit Probleme bereite. Kein Grund zur Sorge. Das KGV von 16 spiegelt die langfristig positive Erwartung jedoch bereits wider. Airbus ist aus heutiger Sicht ein solides Investment für langfristig orientierte Anleger.
Fresenius sowie FMC haben gute Q-Zahlen vorgelegt: Trotz hoher Investitionen konnte ein ordentlicher Gewinn ausgewiesen werden. Das Unternehmen positioniert sich für die Zukunft und schüttelt die Rückschläge des vergangenen Jahres ab. Auch hier haben wir in meinen Augen Einstiegskurse, selbst nach den 10% Kursplus dieser Woche. Nicht so schlecht wie befürchtet, sagen die Analysten.
Nicht so schlecht wie befürchtet, fielen auch die Zahlen von Fuchs Petrolub aus. Auch hier ist zu sehen, dass die befürchtete Rezession in Deutschland nicht kommt, es bleibt bei einer Konjunkturflaute, die aber schon in diesen Tagen überwunden wird. Um 14% ist die Aktie von Fuchs Petrolub aus Erleichterung angesprungen.
Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben:
WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES
INDIZES | 31.10.19 | Woche Δ | Σ '19 Δ |
Dow Jones | 27.290 | 1,1% | 18,3% |
DAX | 12.961 | 0,5% | 22,7% |
Nikkei | 22.851 | 0,2% | 14,2% |
Shanghai A | 3.099 | 0,1% | 18,7% |
Euro/US-Dollar | 1,12 | 0,8% | -2,4% |
Euro/Yen | 120,86 | 0,3% | -4,2% |
10-Jahres-US-Anleihe | 1,74% | -0,07 | -1,00 |
Umlaufrendite Dt | -0,40% | -0,01 | -0,50 |
Feinunze Gold | $1.511 | 0,5% | 18,0% |
Fass Brent Öl | $60,73 | -1,2% | 16,3% |
Kupfer | 5.882 | 1,9% | -2,2% |
Baltic Dry Shipping | 1.731 | -3,0% | 36,2% |
Bitcoin | 9.141 | 22,5% | 133,1% |
Unterm' Strich gab es wenig Bewegung an den Aktienmärkten, nachdem in den Vorwochen kräftige Kursgewinne erzielt wurden. Eine gesunde Verschnaufpause.
Schauen wir mal, wie sich das Sentiment entwickelt hat.
03. Sentiment: Gesunder Dämpfer
Der DAX ist in der abgelaufenen Woche um ein halbes Prozent angesprungen. Nach der fulminanten Rallye der Vorwochen fühlte sich dieser moderate Anstieg schon an wie eine Korrektur. Zumindest könnte ich zu diesem Schluss kommen, wenn ich mir die aktuelle Sentiment-Umfrage anschaue.
Denn mit 37% (+13%) gehen die meisten Anleger nun wieder von einer Seitwärtsbewegung im DAX aus, nur noch 31% (-19%) halten die aktuelle Entwicklung für einen Aufwärtsimpuls. Die nachlassende Dynamik wird von 27% (+5%) schon als Topbildung interpretiert. Damit ist die Euphorie der Vorwoche verflogen, ohne dass der DAX Federn lassen musste.
Das wollen 66% (+10%) der Anleger so zum größten Teil erwartet haben, weitere 12% (-3%) wollen sogar darauf spekuliert haben. Kaum erfüllt sehen nur noch 16% (-8%) unserer Umfrageteilnehmer ihre Erwartungen und weitere 7% (+1%) geben an, mit ihren Investments auf dem falschen Fuß erwischt worden zu sein. Anleger sind mit ihren Anlageentscheidungen zufrieden und zeigen sich so selbstgefällig wie zuletzt vor einem halben Jahr.
Die jüngste Entwicklung polarisiert: 23% (+3%) der Anleger gehen für die nächsten drei Monate von steigenden Kursen aus, 26% (+4%) hingegen fürchten fallende Kurse. Mit 38% (-2%) erwarten die meisten Anleger eine Seitwärtsbewegung. Eine zunehmende Polarisierung ist häufig ein Vorläufer einer kräftigeren Kursbewegung, weil die eine oder andere Seite auf dem falschen Fuß erwischt wird und schließlich unter Panik handelt. Und wer unter Panik handelt, das gehört zum Börsen Einmaleins, der verdient kein Geld.
Doch noch ist es nicht soweit, und so sind die Anlageentscheidungen derzeit noch recht frei: 24% (+1%) wollen in den kommenden zwei Wochen Aktien zukaufen, nur noch 15% (-2%) wollen ihre Positionen verkleinern. Komisch: es sind also mehr Anleger, die fallende Kurse erwarten als steigende. Dennoch wollen deutlich mehr Anleger Aktien zukaufen als verkaufen.
Das Euwax-Sentiment der Privatanleger ist wieder auf -6 abgerutscht und zeigt eine verstärkte Absicherungstätigkeit: Durch Spekulationen auf fallende Kurse sollen die angelaufenen Buchgewinne abgesichert werden. Institutionelle Anleger, die sich über die Eurex absichern, haben - anders als Privatanleger - in den vergangenen Wochen verstärkt Call-Optionen gekauft. Sie waren wohl etwas spät dran mit ihrem Optimismus und mussten aufholen. Diese aggressiven Cal-Käufe flauen nun wieder ab, das Put/Call-Verhältnis ist diese Woche ins neutrale Territorium zurückgekehrt.
In den USA hingegen zeigen Anleger eine zunehmende Risikoneigung, das Put/Call-Verhältnis sinkt und zeigt verstärkte Spekulationen auf steigende Kurse auf.
Entsprechend haben Fondsmanager ihre Investitionsquote um 23% auf 89% hochgefahren. Mit 5% ist das Bulle/Bär-Verhältnis der US-Privatanleger ziemlich neutral.
Anders sieht es beim technischen Angst & Gier Indikator des S&P 500 aus: Mit einem Wert von 75% wird hier der Bereich der extremen Gier erreicht. Technisch betrachtet sind weitere Kursgewinne nun schwer möglich, es fehlt zunächst ein Rücksetzer, der die Technik wieder auf ein neutrales Niveau zurück holt.
Interpretation
War es der Kommentar der Chinesen, der selbst die von Trump in Aussicht gestellte Teileinigung in Frage stellte, oder war es der einmal mehr verschobene Brexit? Ich weiß nicht, was die Stimmung der Anleger so stark zurückgeholt hat, aber die Euphorie ist verflogen. Damit ist der DAX wieder gesund und bereit für weitere Kursanstiege. Darauf deuten auch die gestiegenen Absicherungskäufe der Privatanleger.
In den USA hingegen sieht es etwas anders aus, hier wurde in den vergangenen Tagen viel Geld investiert und die Stimmung stieg deutlich an. In den USA würde ich nun zunächst einmal eine Verschnaufpause erwarten. Und da die Märkte ziemlich eng miteinander verbunden sind dürfte es vor diesem Hintergrund schwer für den DAX werden, seinen Lauf fortzusetzen.
Vielleicht erhalten wir ja die eine oder andere Kaufgelegenheit. Nachdem ich in den vergangenen Wochen eine ganze Einkaufsliste von Kandidaten erstellt habe, können wir heute zur Tat schreiten. Im folgenden Kapitel habe ich ein paar Kaufempfehlungen für Sie vorbereitet. Unternehmen, die gesunde Zahlen geliefert haben, deren Aktien aber dennoch unter Druck gerieten.
04. Ausblick: Vergessene Perlen
Der DAX ist in den vergangenen Wochen deutlich besser gelaufen als der Dow Jones. Durch die in Aussicht gestellte Teileinigung im Handelsstreit zwischen China und den USA bereiten sich nun Anleger darauf vor, dass die Konjunkturflaute, die vermeintliche Rezession, wesentlich schwächer ausfällt und schneller vorbei ziehen wird als bislang befürchtet. Und in einer solchen Situation werden genau diejenigen Aktien gekauft, die bis vor kurzem noch gemieden wurden. Als Exportnation hängt Deutschland besonders an der globalen Konjunkturentwicklung, daher ist der DAX derzeit das bevorzugte Spekulationsobjekt institutioneller Anleger, die auf die angekündigte Teileinigung setzen wollen.
Ob Volkswagen, Daimler oder BMW, die deutschen Automarken würden von der Einigung mit am stärksten profitieren. Auch Siemens, Infineon und BASF gehören in den vergangenen vier Wochen zu den Gewinnern im DAX. Im MDAX heißen die Pendants Kion, Siltronic und Grenke Leasing, aber auch Fuchs Petrolub, Anlagenbauer Dürr und die ehemalige Metallgesellschaft GEA.
Ich hatte angekündigt, die Berichtssaison abzuwarten, bevor wir nennenswerte neue Positionen eingehen, damit wir nicht umgehend auf dem falschen Fuß erwischt werden können. Und tatsächlich habe ich nun ein paar Aktien herausgefunden, die zwar gelitten haben, deren Unternehmen jedoch über eine gesunde Geschäftsentwicklung verfügen. Es sind in meinen Augen ein paar Aktienperlen sichtbar geworden, deren Kurs zu Unrecht niedergeprügelt wurde.
ZOOPLUS
Zooplus ist im Kielwasser des Zalando-Ausverkaufs (siehe Kapitel 02) ebenfalls um 6% gefallen. Am 14.11. wird Zooplus Quartalszahlen veröffentlichen. Die Aktie ist seit Mitte September um 25$ eingebrochen ... ohne Grund. Also ohne einen Grund, der aus der Geschäftsentwicklung herzuleiten wäre. In meinen Augen ist das Wachstumsunternehmen lediglich vorübergehend außer Mode gekommen, da Industrieunternehmen vor dem anstehenden Aufschwung derzeit gesucht sind. Da wurde Zooplus schlicht vergessen.
Auch Zooplus wächst mit über 20% p.a., das Kurs/Umsatz-Verhältnis liegt jedoch bei nur 0,5. Damit ist Zooplus viel günstiger als Zalando oder Amazon. Wenn eine Aktie im Vorfeld von Q-Zahlen ausverkauft wird, wie es bei Zooplus derzeit der Fall ist, dann kann dies entweder ein Vorbote einer Hiobsbotschaft sein und Insider wissen mehr als wir, oder aber es wird dem Unternehmen leicht fallen, die rückläufigen Erwartungen zu toppen. Da ich seitens Zooplus keinerlei fragwürdige Ereignisse sehen kann, setze ich auf letzteres: die Q-Zahlen werden die gesenkten Erwartungen übertreffen, die Aktie könnte danach wieder Fahrt aufnehmen.
Daher würde ich zu Kursen unter 102 Euro die Aktie von Zooplus in unser Wachstumsportfolio holen. Aktuell notiert die Aktie sogar unter 98 Euro. Ordern sie nur limitiert, damit wir den Kurs nicht treiben.
Wir hatten die Aktie im Frühjahr schon mal im Portfolio. Wer ein wenig mehr Hintergrundwissen über Zooplus haben möchte, kann im Archiv nachlesen: https://www.heibel-ticker.de/charts?category=aktien_DEkurz.
Zooplus
WKN: 511170, ISIN: DE0005111702
Kaufen unter 102 Euro
Stopp Loss unter 90 Euro
TWILIO
Auch die Kommunikationsexperten von Twilio sind unter Beschuss geraten. Die Quartalszahlen waren besser als erwartet, der Ausblick jedoch hat Anleger enttäuscht und die Aktie wurde um 11% ausverkauft. Anleger haben meines Erachtens Probleme, die Übernahme von Sendgrid korrekt einzurechnen. Denn dem Umsatzwachstum von 76% traut niemand, da darin der zugekaufte Umsatz von Sendgrid enthalten ist. Wenn wir das herausrechnen, kommen wir auf ein organisches Wachstum von Twilio von 47%. Doch das ist weniger als die 56%, die Twilio noch vor drei Monaten ausgewiesen hat.
Ich hatte Twilio auf meine Einkaufsliste mit einem Wunschpreis von 95 Euro genommen. Inzwischen ist die Aktie bereits auf 88 Euro durchgerutscht und ich würde hier eine erste Position wagen.
Auch für Twilio gilt: Wenn Sie sich ein wenig näher mit dem Unternehmen auseinandersetzen möchten, können Sie gerne im Heibel-Ticker Archiv nachlesen: https://www.heibel-ticker.de/charts?category=aktien_Tradingideen.
Twilio
WKN A2ALP4, ISIN: US90138F1021
Kaufen unter 88 Euro
Stopp Loss bei 80 Euro vorsehen
Es juckt mich in den Fingern: Pinterest können wir nicht kaufen, aber auch Twitter ist in den vergangenen Tagen massiv ausverkauft worden. Grund dafür waren schwache Quartalszahlen, die sowohl bei Umsatz als auch Gewinn die Erwartungen der Anleger nicht erfüllen konnten.
Twitter ist eines der wenigen Unternehmen, das unsere Rule 40 erfüllt: 9% Umsatzwachstum bei 47% Gewinnmarge macht eine Ziffer von 56. Und das Kurs/Umsatz-Verhältnis liegt bei 7.
Gestern kündigte Twitter an, keine politische Werbung zuzulassen. Es bleibt abzuwarten, ob CEO Jack Dorsey mit dieser Entscheidung nicht tatsächlich Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr nehmen möchte. Wir werden das aber erst 2021 erfahren, denn dann werden wir sehen, ob Dorsey diese Entscheidung zurücknehmen wird, oder nicht.
Natürlich können nur weniger hohe Preise verlangt werden, wenn die Nachfrage nach Werbeplätzen kleiner wird. Doch wenn Twitter allein diese Entscheidung umsetzt, wird sich der Preis für die Werbung bei Twitter nicht sonderlich ändern, da die Preise über die verschiedenen Plattformen hinweg, Facebook, Instagram, Snap, usw., gebildet werden. Und mehr Werbung als Werbeplätze kann Twitter nicht verkaufen. Ich gehe daher davon aus, dass diese Entscheidung nur geringen Einfluss auf Umsatz und Gewinn bei Twitter haben wird. Dafür aber einen großen symbolischen Wert: Wir sind unpolitisch, wird die Twitter-Community denken.
Produktprobleme und Saisonalität wurden von Twitter für die schwachen Q3-Zahlen verantwortlich gemacht. Die Saisonalität kommt nicht überraschend, fiel aber stärker aus als sonst, sagte Dorsey. Hmm, keine Ahnung, was ich davon halten soll. Und die Produktprobleme kennen wir bei Twitter: Da wird kontinuierlich an den Werbeplätzen gefeilt, die Kunden (in diesem Fall die Werbetreibenden) werden immer wieder auf neue Systeme emigriert und manchmal kommt es dabei zu Problemen.
Daraus ist in meinen Augen aber nicht abzuleiten, dass Twitter die eigenen Werbeplätze nicht mehr an den Mann bringen kann. Die Nutzerzahlen und das Nutzerengagement wachsen mit gesunden 17%. Und 17% ist auch die Ziffer, die ich in der Bilanz in vielen anderen Bereichen wiederfinde: Investitionen, Marketingausgaben, ... Twitter wächst mit 17% und notiert auf einem KGV von 32. Ich halte den Ausverkauf in Folge der einmalig schwachen Zahlen für eine Kaufgelegenheit und würde eine spekulative Position in Twitter eröffnen.
Twitter hatten wir 2014-2016 schon mal im Heibel-Ticker Portfolio. Wer nachlesen möchte, findet die archivierten Einträge ebenfalls hier: https://www.heibel-ticker.de/charts?category=aktien_Tradingideen
WKN A1W6XZ, ISIN US90184L1026
Kaufen unter 27 Euro
Stopp Loss bei 22 Euro
SPOTIFY
Spotify ist ein weiterer IPO (120 Euro im Frühjahr 2018), der nach anfänglichem Jubel (165 Euro im Spätsommer 2018) erst einmal in Vergessenheit geriet (90 Euro zum Jahreswechsel). Im laufenden Jahr ist Spotify wieder auf 140 Euro geklettert, um jedoch im Rahmen des Ausverkaufs aller Cloud-Aktien seit Mitte August wieder auf 105 Euro geprügelt zu werden.
Anfang der Woche hat Spotify nun Q-Zahlen veröffentlicht, die jegliche Kritik Lügen strafte: 28% Umsatzwachstum auf 1,73 Mrd. USD lagen im Rahmen der Erwartungen. Überrascht hat der Gewinn von 36 Cents je Aktie, da eigentlich ein Verlust von 29 Cents erwartet wurde.
Zweifler beherrschten bis vor kurzem die Szene bei Spotify: Spotify hatte kürzlich verkündet, Podcasts einen größeren Stellenwert zu geben. Daraufhin gab Apple bekannt, ebenfalls Podcasts zu fördern und der Effekt für Spotify war, dass man den übermächtigen Wettbewerber Apple fürchtete. Die Aktie geriet unter Druck.
Doch nun hat Gründer und CEO Daniel Ek bekannt gegeben, dass Podcast Streamingstunden um 39% angestiegen sind und 14% der bestehenden zahlenden Kunden würden Podcasts regelmäßig nutzen. Damit hatte niemand gerechnet. Noch weniger rechnete man damit, dass Ek verkündete, Podcasts würden für Spotify einmal so wichtig sein wie selbst produzierte Filme für Netflix. Alter Schwede, das war mal ein Statement des sonst so zurückhaltenden Schweden.
Die Unternehmensprognose wurde angehoben: 255-270 Mio. Hörer und 120-125 Mio. zahlende Kunden. Gleichzeitig wurde auch der Ausblick auf die zu erwartende Gewinnmarge deutlich angehoben (auf 23,7-25,7%). Spotify kann auch an den nicht zahlenden Kunden Geld verdienen, da dort Werbung eingespielt wird. Und schauen Sie sich mal die Konversionsrate an: Fast jeder zweite nicht zahlende Hörer wird in den bezahlten Premium-Dienst gelockt!
Für Überraschung sorgte ein Kommentar zum Aktienkurs im Rahmen der Unternehmensprognose: Der Kurs sei zu niedrig. Unternehmen halten sich stets zurück mit solchen Aussagen, doch nachdem Spotify nun über zwei Jahre von Zweiflern dominiert wurde, hat Daniel Ek offensichtlich entschieden, in die Offensive zu gehen.
Wenn das stimmt, dann haben wir von dem sonst so zurückhaltenden Schweden erst den Anfang gesehen. Ich erwarte, dass da noch einige Quartale mit überraschend guten Zahlen folgen werden. Und das würde bedeuten, dass die Aktie noch einiges vor sich hat, auch nach den 20% Kursplus, die diese Woche erzielt wurden.
Immerhin ist Spotify sogar in meiner Rule 40 Liste eines der Unternehmen mit den besten Kennziffern: 28% Umsatzwachstum + 24% Gewinnmarge = 52! Und das KUV liegt bei nur 4,4.
Sollen wir also warten, bis die Aktie zurückkommt? Nun, Spotify ist in meinen Augen das Unternehmen, das sorglos wachsen kann: Keine Monopolvorwürfe wie bei Apple oder Amazon, ein cleveres Management und endlich mal ein Cloud-Unternehmen aus Europa, das weltweit Erfolg hat. Ich würde eine erste Position als Wachstumsposition am Montag eröffnen und sodann abwarten, ob uns der Aktienkurs nochmals die Gelegenheit gibt, günstiger aufzustocken.
Spotify
WKN: A2JEGN ISIN: LU1778762911
Kaufen am Montag
Bei Rücksetzer nachkaufen
EINKAUFSLISTE MIT WUNSCHPREISEN
Hier mal der aktuelle Stand meiner Einkaufsliste mit Wunschpreisen:
1. CorEstate unter 27 Euro
2. American Express unter 100 Euro
3. Infineon unter 15 Euro
4. Skyworks Solutions unter 71 Euro
5. Mongo DB unter 82 Euro
6. VMWare unter 130 Euro
7. Sixt VZ unter 55 Euro
8. Wirecard unter 105 Euro
9. Splunk unter 102 Euro
10. Biogen Idec unter 255 Euro
11. Twilio unter 95 Euro -> wird nun gekauft
Nachtrag zu Biogen Idec: Ein Heibel-Ticker Kunde mahnte zu Vorsicht. Er sei aus dem Pharma-Bereich und teilte mir mit, dass Aducanumab, das Alzheimer-Medikament von Biogen, seinen Informationen zufolge insbesondere in der Anfangsphase der Krankheit verlangsamend wirkt. Problem bei Alzheimer sei aber die frühe Diagnose, daher würden letztlich weniger Patienten für eine Behandlung in Frage kommen als in einigen Studien angenommen.
Dieser Einschätzung steht aber die Möglichkeit entgegen, das Medikament gegebenenfalls bei bestimmten Risikogruppen, die man bereits identifizieren kann, vorbeugend zu verabreichen. Mal sehen, wie sich diese verschiedenen Sichtweisen in der Aktienkursentwicklung niederschlagen. Wenn ich mir die Sicht der Börsianer vor Augen führe, will ich nicht ausschließen, dass die kleinere Teilmenge an Patienten für einige Monate ignoriert wird, bis genauere Studienergebnisse diese Sichtweise bestätigen. Immerhin hatten 24 Analysten vor kurzem noch ein Halten oder Verkaufen auf die Aktie von Biogen gelegt. Heute gibt es nur noch 11, die nicht auf eine Kaufempfehlung umgeschwenkt sind. Und da die nächste Information zu der wichtigen Studie erst für Dezember erwartet wird, dürfte es für diese 11 Analysten schwer sein, ihre zurückhaltende Empfehlung beizubehalten.
Unabhängig von Alzheimer: Biogen notiert auf einem KGV von 9. In der Vergangenheit hat das Unternehmen den Gewinn jährlich um 16% gesteigert, doch für die Zukunft fürchten Analysten eine Elizabeth Warren im Weißen Haus, die jegliche marktwirtschaftlichen Komponenten aus dem Gesundheitssystem streichen wird. Sollte es dazu kommen, dann muss sich die Pharma-Branche tatsächlich warm anziehen. Doch so weit ist es noch nicht. Biogen bleibt damit auf der Einkaufsliste, wir müssen jedoch den Wunschpreis berücksichtigen und sodann einen engen Stopp Loss mitführen, um nicht negativ überrascht zu werden.
05. Update beobachteter Werte: TUI
Bitte beachten Sie auch den Kundenbereich auf meiner Internetseite unter www.heibel-ticker.de -> Portfolio -> 10 neueste Einträge. Dort finden Sie aktuelle Charts mit meinen jeweils aktualisierten Einschätzungen.
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Im Wochenverlauf habe ich zu mehreren Titeln Anmerkungen im Kundenbereich der Webseiten verfasst.
TUI
Keine Haarrisse bei TuiFly
Fr, 01. November um 16:41 Uhr
Quantas hat bei drei ihrer Maschinen des Typs 737NG Haarrisse entdeckt und die Maschinen aus dem Verkehr genommen. TuiFly setzt überwiegend auf genau diesen Flugzeugtypen und geriet sofort unter Verdacht, vielleicht ähnliche Probleme zu haben. Heute gab TuiFly Entwarnung, die Maschinen seien wesentlich weniger beansprucht, als normale Maschinen, so das Unternehmen, und die regelmäßigen Kontrollen hätten keinerlei entsprechende Mängel gezeigt.
So notiert die Aktie von TUI heute mit 2% im Plus und nähert sich damit erneut der 12 Euro Hürde. Wir bleiben weiter dabei.
06. Übersicht HT-Portfolio
Spekulation (≈10%) =2,6% | WKN | 31.10.19 | Woche Δ | Σ '19 Δ | Anteil 5x2% | ! |
TUI | TUAG00 | 11,94 € | 2% | 33% | 2,6% | A |
Wachstum (≈30%) =14,5% | WKN | 31.10.19 | Woche Δ | Σ '19 Δ | Anteil 4x7,5% | ! |
BB Biotech | A0NFN3 | 56,40 € | 2% | -1% | 6,8% | B |
Zuora | A2JHJJ | 13,12 € | 1% | -22% | 7,7% | A |
Dividende (≈25%) = 21,8% | WKN | 31.10.19 | Woche Δ | Σ '19 Δ | Anteil 3x8% | ! |
Innotec | 540510 | 9,65 € | -3% | -3% | 5,4% | C |
Freenet | A0Z2ZZ | 19,97 € | -2% | 17% | 8,6% | A |
Deutsche Post | 555200 | 32,16 € | 0% | 26% | 3,8% | B |
Deutsche Telekom | 555750 | 15,62 € | -2% | 7% | 4,1% | A |
Absicherung (≈20%) =17,7% | WKN | 31.10.19 | Woche Δ | Σ '19 Δ | Anteil 3x7% | ! |
Goldbarren 100 gr | 100 gr. | 4.293,00 € | 0% | 20% | 8,0% | A |
Südzucker-Anleihe | A0E6FU | 74,30% | 0% | -3% | 6,3% | A |
Nokia-Anleihe | A0T9L2 | 113,21% | -3% | 12% | 3,4% | B |
Cashquote | ||||||
Σ-Portfolio Ergebnis seit 2018 | 0% | 2% | 43,4% | |||
Ergebnis seit 2019 | 19,2% |
Heibel-Ticker | Gewichtung | Anzahl Positionen | angestrebte Positionsgröße | |||
Portfolio | Ziel | Soll | Ist | Soll | Ist | |
Spekulation | Ereignis | 10% | 2,6% | 5 | 1 | 2% |
Wachstum | Enkelkinder | 30% | 14,5% | 4 | 2 | 7,5% |
Dividende | Urlaub | 25% | 21,8% | 3 | 4 | 8% |
Absicherung | Zins & Gold | 20% | 17,7% | 3 | 3 | 6,7% |
Summe | 85% | 56,6% | 15 | 10 |
Anmerkungen:
- Die Überschrift über jedem Portfoliobereich in der jeweiligen ersten Spalte (bspw. Absicherung (≈20%) =21,8%) bedeutet: Der beabsichtigte Anteil dieses Portfoliobereichs am Gesamtportfolio beträgt ungefähr 20%. Aktuell beträgt der Anteil 21,8%.
- Die dritte Spalte zeigt die Schlusskurse von Donnerstagabend.
- Unter „Woche” steht die Veränderung im Vergleich zur Vorwoche.
- Unter „Σ 'XX Δ” steht das Ergebnis der Position seit Jahresbeginn bzw. seit Aufnahme ins Portfolio.
- Unter „Anteil” finden Sie den Anteil der jeweiligen Position am Gesamtdepot.
Unter ! steht zur Information meine Grundtendenz:
A | – | Top-Aktie mit günstigem Kurs, |
B | – | Kursrücksetzer zum Kaufen nutzen |
C | – | Kurssprünge zum Verkaufen nutzen, |
D | – | bei Gelegenheit Verkaufen, |
E | – | Sofort Verkaufen |
Die „Gelegenheit” zum Kaufen oder Verkaufen wird sodann kurzfristig von mir per Update an Sie bekanntgegeben.
Ich habe diese Spalte „!” insbesondere für neue Kunden vorgesehen, die zu einem späteren Zeitpunkt wissen wollen, ob ich die Position noch zukaufen würde, wenn ich beispielsweise darin nicht schon voll investiert wäre. Zukaufen würde ich jeweils jedoch niemals zu Höchstkursen, sondern stets nur nach kurzfristigen Kursrückschlägen von mindestens 5-7%.
Kauffolge: Je spekulativer, desto aggressiver würde ich kaufen und verkaufen. Derzeit verwende ich die folgenden Schritte:
- Dividenden- & Wachstumspositionen in drei Schritten aufbauen: 25%-25%-50%,
- Zyklische Positionen in zwei Schritten aufbauen: 50%-50%,
- Spekulative Positionen ganz oder gar nicht: 100%.
Stopp Loss Limits, Verkaufslimits und ähnliche Aktionsmarken verwalte ich aktiv in meinem System und ändere ich unter der Woche mehrfach, fast täglich. Eine Veröffentlichung der entsprechenden Limits ist in der Regel nicht sinnvoll, allenfalls Stopp Loss Marken für unseren Spekulationen werde ich bisweilen im Text bekanntgeben.
Eine erfolgreiche Börsenwoche,
take share
Stephan Heibel
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mailto:info/at/heibel-ticker/./de
07. Disclaimer / Haftungsausschluss und Risikohinweise
Wer un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte un- oder überpersönliche Schreib- oder Redeweisen in Umlauf setzt, wird mit Lust-, manchmal auch mit Erkenntnisgewinn belohnt; und wenn alles gut geht, fällt davon sogar etwas für Sie ab. (frei nach Robert Gernhardt)
Wir recherchieren sorgfältig und richten uns selber nach unseren Anlageideen. Für unsere eigenen Transaktionen befolgen wir Compliance Regeln, die auf unsere eigene Initiative von der BaFin abgesegnet wurden. Dennoch müssen wir jegliche Regressansprüche ausschließen, die aus der Verwendung der Inhalte des Heibel-Tickers entstehen könnten.
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Quellen:
Kurse: Deutsche Kurse von comdirect.de, Goldbarren & Münzen von proaurum.de, US-Kurse von finance.yahoo.com. Alle Kurse sind Schlusskurse vom Donnerstag sofern nichts Gegenteiliges vermerkt ist.
Bilanzdaten: Comdirect, Yahoo! Finance sowie Geschäftsberichte der Unternehmen
Informationsquellen: dpa-AFX, Aktiencheck, Yahoo! Finance, TheStreet.com, IR-Abteilung der betreffenden Unternehmen
08. An-/Ab-/Ummeldung
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