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28.04.2023:
H E I B E L - T I C K E R F R E E
B Ö R S E N B R I E F
- Einfach einen Tick besser -
DEUTSCHE BIBLIOTHEK : ISSN 1862-5428
18. Jahrgang - Ausgabe 17 (28.04.2023)
Erscheinungsweise: wöchentlich Freitag/Samstag
Die PDF-Version dieser Ausgabe steht Ihnen ab sofort im Archiv sowie unter dem folgenden Link zur Verfügung:
https://www.heibel-ticker.de/downloads/hts230430.pdfIm heutigen Börsenbrief lesen Sie:
01. Info-Kicker: Konjunktur versus Unternehmensmeldungen führt zu starker Volatilität
Liebe Börsenfreunde,
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Am kommenden Mittwoch, den 3. Mai um 15 Uhr werde ich mit Kristian Volaric im Rahmen der Flatex Online Seminare meinen Sentimentdienst animusX vorstellen. Wie ich soeben schon in den vorläufigen Ergebnissen der aktuellen Umfrage gesehen habe, wird es einige spannende Auswertungen geben.
Ich freue mich, wenn Sie dabei sind. Unter
diesem Link können Sie sich kostenfrei und unverbindlich anmelden:
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Konjunkturdaten und Unternehmenszahlen haben diese Woche eine Achterbahnfahrt an den Aktienmärkten ausgelöst. In Kapitel 02 zeige ich auf, welche Meldungen die Märkte bewegten, und was aus den Unternehmenszahlen abzulesen ist.
Die heutige Sentimentauswertung kommt zu einem bullischen Ergebnis: Der weiterhin hohe Pessimismus preist viele negative Rahmenbedingungen für die Wirtschaft bereits ein. Ob Sie sich auf dieses Interpretation verlassen können, erfahren Sie in Kapitel 03.
Das heutige Kapitel 04 beschäftigt sich mit der Marktbreite dieser Rallye. Denn diese Woche sind nur wenige Aktien angestiegen, diese dafür jedoch ziemlich stark. Zudem waren es große Unternehmen wie Microsoft und Meta, die mit den größten Kurssprüngen die Indizes nach oben zogen. Normalerweise ist das ein Warnzeichen. In Kapitel 04 führe ich aus, warum ich anderer Meinung bin.
Sieben Updates zu unseren Portfoliounternehmen habe ich diese Woche verfasst. Bitte lesen Sie die Updates in Kapitel 05 durch, denn daraus können Sie auch meine Marktmeinung und wichtige Hinweise für Ihre eigene Anlageentscheidung ableiten.
Wie immer gibt es eine tabellarische Übersicht über unser Heibel-Ticker Portfolio in Kapitel 06.
Nun wünsche ich eine anregende Lektüre und einen schönen Tanz in den Mai,
take share, Ihr Börsenschreibel
Stephan Heibel
Chefredakteur und Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefs
02. So tickt die Börse: Konjunkturdaten und Quartalszahlen führen zu Achterbahnfahrt
Erschreckende Konjunkturdaten machen Mut
Immer wieder ist der DAX im Verlauf dieser Woche in Richtung neuer Jahreshochs über 15.900 Punkten gelaufen, um dann binnen weniger Minuten auf 15.700 zurückzufallen. Der Rückfall erfolgte vorzugsweise vormittags, wenn die US-Börsen noch geschlossen waren, und waren eine Reaktion auf vermeintlich schlechte Konjunkturdaten.
So fiel zum Wochenbeginn der Ifo Geschäftsklimaindex ein wenig schwächer aus als erwartet, verzeichnete unterm Strich dennoch eine leichte Verbesserung zum Vormonat. Anleger werteten dies als schwach genug, um weitere Zinserhöhungen bald enden zu lassen, und nicht zu schwach, was die Rezessionsangst schüren würde. Die Reaktion an den Aktienmärkten war ein Lauf des DAX in Richtung 15.900 Punkte.
Am Dienstag zeigten sich die Zahlen zum US-Immobilienmarkt überraschend stark, so dass nun plötzlich weitere Zinsanhebungen unvermeidlich schienen. Dies strahle aus bis zum DAX, der deutlich Federn ließ.
Der Kurseinbruch wurde am Mittwoch in Richtung 15.700 Punkte fortgesetzt, als das GfK-Konsumklima schwächer ausfiel als erwartet und einen deutlichen Rückgang zum Vormonat auswies. Konsumentenzurückhaltung könnte die deutsche Wirtschaft in eine Rezession führen, so die Befürchtung.
Am Donnerstag wurden Konjunkturdaten aus den USA vermeldet: Das BIP der USA ist im Q1 um nur um 1,1% angewachsen. Erwartet wurden 2,0%, allerdings gab es nicht wenige, die einen negativen Wert befürchteten, der die Tür für eine technische Rezession im ersten Halbjahr geöffnet hätte. Somit folgte dem Schock nach der niedrigen Wachstumsrate die Erleichterung derer, die Schlimmeres befürchtet hatten. Vielleicht, so die neue Hoffnung, kommt die USA tatsächlich um eine Rezession herum und meistert die vielen Zinsanhebungen mit einer moderaten Konjunkturabschwächung.
Die Folge war der größte Tagesgewinn im S&P 500 sowie im Dow Jones seit Januar. Auch der DAX stürmte nachbörslich erneut über 15.900 Punkte und startete heute früh bei 15.919 Punkten.
Um 10 Uhr wurden dann die BIP-Daten für Deutschland veröffentlicht, die ebenfalls deutlich schlechter ausfielen als erwartet. Doch auch hier konnte mit +0,2% statt der erwarteten +0,8% ein Abrutschen in negative Werte vermieden werden. Die Reaktion am Aktienmarkt ähnelt der US-Reaktion: Zunächst brach der DAX heftig ein und besuchte erneut die 15.700 Punkte, um anschließend wieder kräftig anzusteigen.
Ich habe den Eindruck, dass schlechte Konjunkturdaten derzeit eher positiv vom Markt aufgenommen werden, da sie auf ein baldiges Ende der Zinsanhebungen deuten.
Wenn wir aus diesen Kursschwankungen etwas herauslesen wollen, dann das: Derzeit haben Anleger keinen Schimmer, wie sie Konjunkturdaten interpretieren sollen. Eine Richtungsentscheidung steht an und dürfte erst dann erkennbar sein, wenn der DAX entweder unter 15.600 Punkte, oder über 16.000 Punkte steigt. Bis dahin pendeln wir im Niemandsland.
China als Chance und Bedrohung für Viessmann & BASF
Im Rahmen der Hauptversammlung hat BASF gestern eine detaillierte Einschätzung zur globalen Konjunktur gegeben. Der Chemiekonzern liefert in so ziemlich alle Regionen der Welt und beliefert so ziemlich alle Industrien der Welt. Kaum ein Unternehmen kann einen besseren Einblick in die globale Konjunktur geben.
Nach dem schwachen Jahresauftakt hält CEO Martin Brudermüller an den Jahreszielen fest, obwohl er Besserung erst im zweiten Halbjahr erwartet. Einzig China und die Automobilindustrie laufen nach seiner Aussage rund, Sorge bereite ihm die Bauindustrie sowie die Nachfrage im Konsumgüterbereich, da hohe Energiekosten und gestiegene Preise (Inflation) zu einer Kaufzurückhaltung führen.
BASF verzeichnete im ersten Quartal 2023 einen Umsatzrückgang von 13,4% auf 20 Mrd. Euro, hauptsächlich aufgrund deutlich niedrigerer Mengen. Der Gewinn (EBIT vor Sondereinflüssen) lag bei 1,9 Mrd. Euro, ein Rückgang von 31,5% gegenüber dem Vorjahresquartal. Die Corona-Pandemie belastete weiterhin die Verfügbarkeit von Chemikalien und Materialien, insbesondere in der Automobil- und Luftfahrtindustrie.
Das Agrargeschäft mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln konnte um 6% wachsen. Auf der anderen Seite verzeichnete insbesondere das Geschäft mit Basischemikalien aufgrund der hohen Energiepreise einen Gewinnrückgang um über 60%.
Doch das heiße Thema der Hauptversammlung war die 10 Mrd. Euro-Investition von BASF in den Aufbau eines Verbundstandorts im Süden Chinas. Die scharfe Kritik der Aktionäre über die strategische Entscheidung, auf den Systemrivalen China zu setzen, erwiderte Brudermüller mit der Notwendigkeit, dort Geld zu verdienen, um sich den Standort Ludwigshafen in Deutschland leisten zu können. Hierzulande habe man dieses Jahr aufgrund der hohen Energiekosten Verluste in Höhe von 130 Mio. Euro eingefahren.
Die Energiekrise hat bereits die Abschaltung der Produktion von Ammoniak in Deutschland zur Folge gehabt. Als einer der größten Arbeitgeber Deutschlands kann BASF die Schuld daran weder Angela Merkel noch Olaf Scholz in die Schuhe schieben, sondern muss die gesellschaftliche Entscheidung akzeptieren. Der Bau des neuen Verbundstandortes in China ist nicht die Antwort auf die Energiekrise der vergangenen Monate, sondern auf die Politik der vergangenen Jahre.
So ist auch der Verkauf Viessmanns an die Amerikaner natürlich eine Reaktion auf das Verbot von Gas- und Ölheizungen in Deutschland. Oft genug sind deutsche Mittelständler mit innovativen Produkten, wie beispielsweise Wärmepumpen, zu Weltmarktführern aufgestiegen. Doch über Jahre fehlten die Rahmenbedingungen, um der Technologie in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen. Insbesondere der hohe Strompreis in Deutschland, der auch von Wärmepumpenbetreibern bezahlt werden muss, um die Anlage zu betreiben, hat diese Technologie im Vergleich zu herkömmlichen Heizungssystemen unattraktiv gemacht. Aber auch das fehlende Knowhow im Handwerk war eine Bremse: Ihr Autor hat seit 13 Jahren eine Wärmepumpe und stand in dieser Zeit mehrmals vor Problemen, fachkundige Handwerker aufzutreiben.
Ein frühzeitiges klares Bekenntnis sowie eine Stromkostenbevorzugung hätte der Technologie geholfen, doch das hatte die Politik nicht erkannt. Nun möchte man mit der Brechstange nachholen, was über Jahre versäumt wurde und Viessmann als einer der wenigen Technologieführer in diesem Bereich brechen die Umsätze für die alte Technologie schneller weg, als man die neue ausbauen kann. Um die finanzielle Durststrecke zu überbrücken, hat sich Viessmann nun einen kapitalstarken Partner aus der USA geholt, bzw. sich ihm an die Brust geworfen. Schade.
Quartalszahlen zeigen gemischtes Bild
Unzählige Unternehmen haben diese Woche Q-zahlen veröffentlicht. Ich erspare uns die Auflistung der einzelnen Ergebnisse, das können Sie in den Massenmedien nachlesen. Kommen wir gleich zu den Erkenntnissen, die wir daraus ziehen können.
Die Deutsche Bank war im Rahmen der Bankkrise im März unter Beschuss geraten. Innerhalb von zwei Wochen war der Kurs um 25% eingebrochen. Gerüchte über Probleme beim deutschen Branchenprimus machten die Runde, nachdem die Credit Suisse von der UBS übernommen wurde. Doch es handelte sich tatsächlich nur um haltlose Gerüchte, die von Short-Spekulanten platziert worden waren. In Q1 verlor die Deutsche Bank 4% ihrer Einlagen, aber nur 1% sei in Folge der Gerüchte abgezogen worden. Die Auswirkungen der Gerüchte seien also gering, so die Deutsche Bank.
Dennoch haben wir hier einen Kandidaten, der Einlagen in Milliardenhöhe (2,4 Mrd. EUR) verloren hat, während der Broker FlatexDeGiro Einlagen in Milliardenhöhe (3,3 Mrd. EUR) gewinnen konnte.
Ungeachtet dieser Vorgänge könne die Deutsche Bank den höchsten Quartalsgewinn seit 10 Jahren ausweisen (+12%). CEO Christian Swing hat ein Aktienrückkaufprogramm in Aussicht gestellt. Die Aktie der Deutschen Bank konnte in Folge der Meldungen um 4% ansteigen.
Alphabet veröffentlichte durchwachsene Zahlen, das Unternehmen befindet sich unter Zugzwang durch Microsoft, die ChatGPT bei der Suchmaschine Bing einbinden. Gleichzeitig werden die hohen Investitionen von Alphabet kritisiert. Das Unternehmen muss also eine künstliche Intelligenz vorantreiben, ohne die Kosten zu sehr zu strapazieren. Immerhin wächst das Cloudgeschäft noch mit 52%, so dass es sich um ein Jammern auf hohem (Bewertungs-)Niveau handelt.
Auch Amazon veröffentlichte durchwachsene Zahlen, allerdings wuchs hier das Cloudgeschäft AWS nur noch mit 16%. Anders als bei Alphabet habe ich bei Amazons CEO Andy Jassy den Eindruck gewonnen, dass er das Thema Effizienzsteigerung inzwischen ernst nimmt. Die Kosten, die in der Coronazeit explodiert sind, müssen runter. Er betonte, dass unvermindert in den Ausbau der Logistik investiert werde, denn man wolle Lieferungen am Tag der Bestellung weiter vorantreiben. Doch die vielen Investitionen in Zukunftstechnologien werden geprüft, Kosten werden kritisch beurteilt und schon im laufenden Quartal war die Kostenquote deutlich zurückgegangen.
Ich bin daher recht optimistisch für Amazon gestimmt. Das Unternehmen hat stets jeden Penny in Investitionen gesteckt. Lediglich in Phasen der Konjunkturschwäche wurden die Programme zurückgefahren und das Unternehmen zeigte dann stets für kurze Zeit, wie viel man verdienen kann. Das führte dann häufig zu einem Aktienkurssprung in den folgenden Monaten.
Jemand, der das Thema Effizienz zum Schlagwort des Jahres 2023 gemacht hat, ist Mark Zuckerberg, Gründer und CEO von Meta / Facebook. In mehreren Runden wurden bereits tausende Stellen gestrichen. Trotz der starken Kostendisziplin steigen die täglichen Nutzer (DAU) weiter an. Zudem hat Zuckerberg einen Weg gefunden, um weiterhin personalisierte Werbung auszuliefern, obwohl Apple das Tracking auf den iOS-Geräten vor zwei Jahren erschwert bzw. fast unmöglich gemacht hat.
Investitionen in das Metaversum bleiben hoch, wenngleich die Höhe in Abhängigkeit vom Geschäftsverlauf angepasst wird. Im Metaversum arbeitet Zuckerberg mit künstlicher Intelligenz, mit der dort interagiert werden kann.
Absoluter Gewinner dieser Berichtssaison ist jedoch Microsoft, die dank des Erfolgs von ChatGPT einen Umsatz- und Gewinnsprung verzeichneten. Offensichtlich kaufen die Kunden nun auch das Office-Paket schneller, da sie dort das Einbinden der KI erleben möchten.
Soweit ein kurzer Überblick über die ereignisreichste Berichtswoche dieses Quartals. Ein starker Fokus auf Kosteneinsparungen hat dazu geführt, dass die Ergebnisse trotz Konjunkturschwäche nicht so schlecht ausfielen wie befürchtet. Für Q2 zeigen sich Unternehmen sehr vorsichtig, allerdings kommt langsam Optimismus für die zweite Jahreshälfte auf. Schauen wir mal, wie sich diese ereignisreiche Woche in den wichtigsten Indizes niedergeschlagen hat:
Wochenperformance der wichtigsten Indizes
INDIZES | 28.4., 19:15 Uhr | Woche Δ | Σ '23 Δ |
DAX | 15.922 | 0,5% | 14,4% |
S&P 500 | 4.160 | 0,9% | 8,3% |
Nikkei | 28.856 | 1,0% | 10,6% |
Shanghai A | 3.484 | 0,7% | 7,6% |
Euro/US-Dollar | 1,10 | 0,8% | 3,1% |
Euro/Yen | 150,04 | 2,0% | 6,9% |
10-Jahres-US-Anleihe | 3,44% | -0,12 | -0,44 |
Umlaufrendite Dt | 2,45% | -0,03 | -0,01 |
Feinunze Gold | $1.991 | 0,8% | 9,2% |
Fass Brent Öl | $79,47 | -2,8% | -5,0% |
Kupfer | $8.566 | -2,9% | 1,6% |
Baltic Dry Shipping | $1.581 | 10,4% | 4,4% |
Bitcoin | $29.313 | 4,2% | 76,7% |
03. Sentiment: Wand der Sorgen sorgt für neues Jahreshoch
Mit dem heutigen Kurseinbruch und anschließendem Spurt schließt der DAX die Woche im Vergleich zur Vorwoche nahezu unverändert am oberen Rand der Handelsspanne ab. Konjunkturdaten und Unternehmenszahlen führten zu einem Wechselbad der Gefühle für die Anleger. Grundsätzlich sieht es schlecht aus, aber nicht so schlecht wie befürchtet. Grundsätzlich wird es besser, aber nicht so bald wie erhofft.
So hat das Anlegersentiment unserer Umfrageteilnehmer leicht auf 1,1% nachgegeben. Der DAX ist nur wenige Punkte von seinem Jahreshoch und nur 2,3% von seinem Allzeithoch entfernt, dennoch bleibt die Stimmung verhalten positiv. Wirkliche Freude oder gar Euphorie sind nicht zu erkennen.
Die Selbstgefälligkeit steht bei 0,0%, zeigt also eine neutrale Verfassung an. Es wäre eigentlich zu erwarten, dass sich Anleger so habe an Allzeithochs selbstzufrieden auf die Schulter klopfen. Doch davon ist nichts zu sehen, im Gegenteil: Die Zweifel sind groß, ob man diesen hohen Kursen überhaupt trauen darf.
Starken Ausdruck finden die Zweifel in der Zukunftserwartung, die mit einem Wert von -2,9% weiterhin extremen Pessimismus ausweist. Die Wochen mit vergleichbar großem Pessimismus der vergangenen acht Jahre lassen sich an einer Hand abzählen. Der DAX steigt offensichtlich an der sprichwörtlichen "wall of worry" (Wand der Sorgen).
So bleibt auch die Investitionsbereitschaft der Anleger mit einem Wert von -0,5% niedrig, bzw. zeigt an, dass Positionen eher verkauft als dass neue eingegangen werden sollen.
Das Euwax-Sentiment der Privatanleger ist auf -10 gefallen: Absicherungen gegen Kursverluste haben wieder einmal Hochkonjunktur.
Institutionelle Anleger hingegen sehen die Situation etwas konstruktiver, das Put/Call-Verhältnis der Eurex ist auf einem neutralen Wert von 1,4%. Ähnlich neutral steht auch das Put/Call-Verhältnis der CBOE in den USA.
US-Fondsmanager haben ihre Investitionsquote wieder auf 51% zurückgeführt. Damit zeigt sich auch im Verhalten der US-Fondsanleger die Verunsicherung, denn seit acht Wochen schwankt die Investitionsquote heftig hin und her, ohne eine Richtung erkennen zu lassen.
Die Bulle/Bär-Differenz steht bei -14% und zeigt weiterhin einen starken Überhang an Pessimisten (39%) gegenüber den Optimisten (24%). Auch bei den US-Privatanlegern zeigt sich eine Wand der Sorgen, an der die US-Indizes unaufhörlich gen Norden klettern.
Der technische Angst und Gier Indikator des S&P 500 zeigt mit einem Wert von 59% leichte Gier an.
Interpretation
Wir sehen das typische Bild eines intakten Bullenmarktes: Ungläubig schauen Anleger auf die hohen Kurse und listen die Argumente auf, die eigentlich für einen Crash sorgen sollten: Inflation, Rezession, Krieg, ...
Dabei übersehen Anleger, dass diese dramatisch schlechten Rahmenbedingungen eigentlich schon seit Wochen, wenn nicht gar Monaten bekannt sind. Und da die Aktienmärkte nicht auf Rahmenbedingungen reagieren, sondern auf ÄNDERUNGEN der Rahmenbedingungen, sind die bekannt schlechten Bedingungen bereits im aktuellen Kursniveau eingepreist.
Der Aktienmarkt reagiert auf Änderungen der Rahmenbedingungen. So befinden wir uns seit vielen Monaten in einem Umfeld steigender Leitzinsen. Was, wenn bei den Notenbanksitzungen der nächsten Woche ein Ende der Zinsanhebungen in Aussicht gestellt wird (USA), oder zumindest eine Verlangsamung des bislang hohen Tempos bei den Zinsanhebungen (EU)? Der DAX könnte mit einer solchen Meldung binnen weniger Tage auf ein neues Allzeithoch (16.270 Punkte) klettern.
Was, wenn die Bemühungen Chinas in der Ukraine zumindest dahingehend fruchten, dass Gespräche aufgenommen werden? Was, wenn die als sicher erwartete Rezession sich nur als Konjunkturabschwächung entpuppt und ab dem zweiten Halbjahr tatsächlich das Wachstum wieder anzieht?
Während der Krieg, eine Rezession und auch die hohe Inflation bereits im aktuellen Kursniveau eingepreist sind, könnten die genannten Änderungen als positive Überraschung aufgefasst werden und neues Kaufinteresse entfachen.
Soweit sieht es also ziemlich bullisch aus. Was müsste passieren, damit die Kurse fallen? nun, eine negative Überraschung ist vor dem Hintergrund der aktuell bereits extrem pessimistischen Erwartungshaltung schwer vorstellbar, sofern es nicht ein Schwarzer Schwan ist: etwas völlig unvorhersehbares und Neues. Das können wir mit der Sentimentanalyse natürlich niemals ausschließen.
Doch ein schwarzer Schwan ist sehr selten und daher möchte ich nicht darauf wetten. Vielmehr können wir erneut, wie auch in den Wochen zuvor, feststellen, dass das Risiko auf der Oberseite zu sehen ist: Anleger sind besser vorbereitet auf fallende Kurse als auf steigende Kurse. Daher dürften Kursrückschläge, wie schon in der abgelaufenen Woche gesehen, begrenzt bleiben, während Kurssteigerungen das Potential haben, weitere Käufe nach sich zu ziehen, was dann einen Lauf auf neue Hochs zur Folge hätte.
04. Ausblick: Nur wenige Unternehmen ziehen die Indizes nach oben
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Quellen:
Kurse: Deutsche Kurse von comdirect.de, Goldbarren & Münzen von proaurum.de, US-Kurse von finance.yahoo.com. Alle Kurse sind Schlusskurse vom Donnerstag sofern nichts Gegenteiliges vermerkt ist.
Bilanzdaten: Comdirect, Yahoo! Finance sowie Geschäftsberichte der Unternehmen
Informationsquellen: dpa-AFX, Aktiencheck, Yahoo! Finance, TheStreet.com, IR-Abteilung der betreffenden Unternehmen
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